Die USA wollen den Ursprung von Covid-19 genauer erforschen. Im Frühjahr hat Präsident Biden den Geheimdiensten den Auftrag erteilt, alle verfügbaren Informationen vorzulegen. Nun ist der Bericht fertig.
Avril Haines ist die Herrin über Amerikas Geheimdienste. Sie ist die erste Frau im Amt des Director of National Intelligence (DNI) und übernimmt damit die Aufsicht über die achtzehn Dienste, die in den USA zur Intelligence Community, kurz IC, gehören. Die Physikerin und Juristin, die bereits Rechtsberaterin und stellvertretende CIA-Chefin unter Präsident Barack Obama war, weiß um die Gefahren und Risiken, die in der Welt lauern. Die von Terroristen, Krisenherden, von organisierter Kriminalität, Waffenhandel und Massenvernichtungswaffen ausgehen. Aber auch die Bedrohungen, die aus der Natur kommen, kennt Haines nur allzu gut – und zwar aus eigener, leidvoller Erfahrung.
Sie war noch ein Kind als ihre Mutter, eine Malerin, schwer erkrankte. Zunächst an Kurzatmigkeit, dann befielen sie Bakterien, die Geflügeltuberkulose auslösten. Ihre Lunge wurde dadurch erheblich geschädigt. Tauben können diese Form der Tuberkulose verursachen, sie nisteten wohl auch direkt vor dem New Yorker Apartment der Familie. Es handelt sich bei der Krankheit um eine Zoonose, so werden Infektionskrankheiten genannt, die durch Erreger ausgelöst werden, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können.
Haines Mutter wurde durch die Krankheit zum Pflegefall und verbrachte die folgenden Jahre im Bett oder im Rollstuhl. Der Gesundheitszustand verschlechterte sich dabei zunehmend. Mit einer Vakuummaschine wurde die Lungenfunktion unterstützt, später bekam die Mutter einen Luftröhrenschnitt und wurde durch einen Schlauch beatmet. Avril Haines, damals Teenagerin, pflegte ihre Mutter bis diese kurz vor ihrem 16. Geburtstag verstarb.
In den vergangenen Monaten nun musste sich die Geheimdienst-Direktorin Avril Haines erneut mit einem Krankheitserreger beschäftigen, der wohl aus dem Tierreich stammt, eine schwere Lungenerkrankung auslösen kann und Ausgangspunkt für eine Jahrhundertkrise ist – dem Sars-CoV-2-Virus. Im Mai gab US-Präsident Biden der amerikanischen Geheimdienst-Community den Auftrag, den Ursprung von Covid-19 zu ermitteln.
In einer Propagandaveröffentlichung beschreiben die IS-Terroristen die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan als Verschwörung. Die USA hätten einen Sieg errungen, die Taliban wiederum seien Marionetten.
Von Florian Flade
Sie vermuten eine Verschwörung, sie diffamieren die neuen Herrscher in Afghanistan und machen sich über sie lustig. Die Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) haben auf die Machtübernahme der Taliban reagiert. Und geben weitere Einblicke in die Feindschaft und den Zwist unter den Dschihadisten.
In Al-Naba, dem wöchentlichen Propaganda-Newsletter der Terrormiliz, ist ein Kommentar zu den jüngsten Ereignissen in Afghanistan erschienen. Schon im Titel verhöhnen die Dschihadisten die Taliban und deren politische Führungsfigur Mullah Abdul Ghani Baradar als eine angeblichen Marionette der USA: „Endlich haben sie Mullah Bradley eingesetzt!“
Die Machtübernahme der Taliban am vergangenen Wochenende sei keineswegs überraschend, sondern sei schlichtweg das Ergebnis des „Friedensabkommens“ zwischen „den Kreuzfahrern und den Abtrünnigen in Doha“. Da die Taliban den Amerikanern versichert hätten, den Al-Qaida-Terroristen keine Basis mehr zu gewähren und den „Manhatten Fehler“ (Terroranschläge des 11. September 2001) nicht zu wiederholen, hätten die USA die Herrschaft der Taliban wieder hergestellt und ihnen „Kabul ohne einen Schuss abzufeuern“ überlassen.
Für die USA sei dies ein „Sieg des Friedens, nicht des Islams! Und für Verhandlungen, und nicht für den Dschihad!“ Aufgrund der aktuellen Situation sei dies vielleicht nicht so offensichtlich, schreiben die IS-Terroristen, aber hinter all dem stecke ein bösartiger Plan, aus den „Kämpfern“ harmlose „Verhandler“ zu machen.
Es sei offensichtlich, heißt es im Text der IS-Dschihadisten, dass die USA und die Taliban koordiniert vorgingen und Absprachen getroffen hätten. Unter anderem beim Einmarsch der Taliban in Kabul, und bei der „Evakuierungsoperation von tausenden Kreuzfahrern und ihrer Spione“. Die Unterstützung des wahren Islams – wie der IS ihn vertrete – finde jedoch nicht in den Hotels von Katar statt oder in den Botschaften von Russland, China und Iran. Seit den Friedensverhandlungen sei die Rede von den „neuen Taliban“, die eigentlich nur von den USA gesteuerte Gruppierung sei, die dem Terrorismus und auch der Scharia längst abgeschworen habe. Anderenfalls hätten die USA bei ihrem Abzug in Afghanistan niemals ihre Militärbasen und ihre Ausrüstung intakt zurück gelassen, so die Behauptung im IS-Newsletter. Die Verhandlungen und in den Abmachungen zwischen den Taliban und den USA und nun die kampflose Machtübernahme seien ein Beweis dafür, dass der Westen in den Taliban keine Gefahr mehr sehe.
„Die Führer der Taliban haben die Befreiung Afghanistans aus den Hotels von Katar, einschließlich der amerikanischen Al-Ubeid-Basis verkündet, von der aus die Flugzeuge aufsteigen, um die Aufenthaltsorte der Muslime zu bombardieren. Ihr falscher Sieg hat seinen Ursprung dort, wo der Krieg gegen den Islam seinen Ursprung hat! Also über was für einen Sieg sprechen wir? Amerika hat es wahrlich geschafft und hat uns endlich den „Mullah Bradley“ eingesetzt, und es gibt keinen Zweifel daran, dass „andere Mullahs“ gerade in den Hotels und in den Botschaften der Götzendiener erschaffen werden, und diese rechnen mit einem „weiteren Sieg“, den ihnen Amerika und andere gewähren. Tatsächlich ist nur ein rasierter Götzendiener (Anmerkung: gemeint ist offenbar der afghanische Präsident Ashraf Ghani) durch einen bärtigen ersetzt worden. Ersterer ist im Kampf gegen den Terrorismus gescheitert, während der zweite von Amerika als möglicherweise effektiver angesehen wird. Was die Soldaten des Kalifats betrifft, so bereiten sie sich auf eine neue Etappe der Etappen ihres gesegneten Dschihad vor, die nicht mit der Erlaubnis des Allmächtigen Gottes aufhören wird, bis die Erde – die gesamte Erde – der Herrschaft ihres Schöpfers unterworfen ist. Denn dies ist der Sieg, und was daneben ist, ist bloßes Flüstern und Illusion“
– Al-Naba Newsletter der Terrororganisation Islamischer Staat
Zusammengefasst sieht das IS also in den Ereignissen in Afghanistan eine wilde Verschwörung zwischen den Taliban und den USA. Die Taliban, die als Abtrünnige erachtet werden, hätten kein Interesse mehr am Dschihad und an der Durchsetzung der echten Scharia, sie seien korrupt und machtbesessen, und hätten auf den eigentlich notwendigen Kampf verzichtet. Die USA hätten somit ihre Ziele erreicht, der Sieg der „neuen Taliban“ sei damit in Wahrheit ein Sieg des Westens, ein weiterer Schritt, um die dschihadistische Bewegung zu unterminieren. Sogar eine Allianz der Taliban mit den USA zur Bekämpfung des „Islamischen Staates“ wird suggeriert.
Die feindliche Rhetorik des IS gegenüber den Taliban ist keineswegs neu, die Gruppierungen sind verfeindet und bekämpfen sich in Afghanistan seit Jahren. Anfang 2015 hatte der IS offiziell seinen Ableger in der Region, das „Wilayat Khorasan“ ausgerufen („Islamischer Staat in Khorasan“, oft abgekürzt auch IS-K genannt). Zunächst war die IS-Regionalgruppe, der sich zahlreiche ehemalige Mitglieder der pakistanischen Tehrik e-Taliban (TTP) angeschlossen haben soll, vor allem im Osten des Landes aktiv, in den Provinzen Nangarhar und Kunar.
Bald aber schlossen sich auch Islamisten in anderen Gegenden Afghanistans an, einige Taliban-Kämpfer liefen über, so dass IS-K in den vergangenen Jahren auch in Zabul, Badakhshan, Kunduz und um Mazar i-Sharif präsent war. Mit den afghanischen Taliban kam es dabei immer wieder zu schweren Kämpfen und Anschlägen, bei denen Dschihadisten von beiden Seiten getötet wurden.
Angeführt wurde IS-K zunächst von Abdullah Orokzai alias „Aslam Farooqi“ und dann von Zia ul-Haq („Abu Omar al-Khorasani“), der im Mai 2020 von afghanischen Spezielkräften festgenommen worden war. Nachfolger wurde „Shahab al-Muhajir“, der für mehrere Terroranschläge in Kabul und anderen städtischen Gebieten verantwortlich sein soll und den IS-Ableger bis heute anführt.
Zia u-Haq hingegen soll am vergangenen Wochenende von den Taliban getötet worden sein. Sie hatten das Pul-e-Charkhi Gefängnis in Kabul eingenommen und zahlreiche Häftlinge freigelassen. Darunter sollen sich auch IS-Anhänger befunden haben, von denen jedoch einige auch getötet worden sein sollen. So wie der einstige Regional-Chef des Terrornetzwerkes Zia ul-Haq. Auf Twitter kursierten kurz darauf Fotos seiner Leiche. Inzwischen soll er in seinem Heimatdorf in der ostafghanischen Provinz in Kunar beerdigt worden sein.
In den USA bekommt der Präsident täglich ein Lagebild von seinen Geheimdiensten präsentiert. In Deutschland wird die Bundesregierung einmal pro Woche von BND & Co. unterrichtet. Dann findet im Bundeskanzleramt die Nachrichtendienstlichen Lage (ND-Lage) statt. Was hat es mit dieser geheimen Runde auf sich?
Von Florian Flade
Der Ort, an dem es einmal in der Woche, immer dienstags, ab 10 Uhr, um Geheimnisse geht, befindet sich im vierten Stock des Bundeskanzleramtes. Hier liegt das Lagezentrum, ein abhörsicherer, schmuckloser Raum, in dem Tische und Stühle U-förmig angeordnet sind. Wöchentlich sitzen hier Männer und Frauen zusammen, die zu einer der privilegiertesten Runde des Landes gehören. Sie dürfen wissen, was nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist – und müssen Stillschweigen darüber bewahren.
In diesem Raum findet die Nachrichtendienstliche Lage, kurz ND-Lage genannt, statt. Dabei tragen die Chefs der Geheimdienstes des Bundes, der BND, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) und der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundesregierung zu den wichtigsten Themen der Woche vor. Mit dabei sind der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), oft auch der Bundespolizei-Chef, Staatssekretäre aus dem Innen-, dem Justiz- und dem Verteidigungsministerium sowie aus dem Auswärtigen Amt. Die geheime Runde leiten der Chef des Bundeskanzleramtes, Helge Braun, und der Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Staatssekretär Johannes Geismann.
Die ND-Lage gilt als die wichtigste Sicherheitsunterrichtung der Bundesrepublik. In vergleichsweise kurzer Zeit, innerhalb von ein bis zwei Stunden, bekommt die Regierung allwöchentlich von den Spionen und Ermittlern mitgeteilt, welche Gefahren und Bedrohungen es derzeit für die Bürgerinnen und Bürger des Landes gibt. Welche weltpolitischen Krisen und Konflikte die Interessen der Bundesrepublik betreffen und ihre Sicherheit gefährden könnten. Es sind Berichte über Krieg und Konflikte, über die Terrorgefahr, Mordanschläge, Hackerangriffe und Geiselnahmen.
Deutschland leistet sich große Sicherheitsbehörden mit vielen Tausend Mitarbeitenden, mit Budgets, die in den vergangenen Jahren immer weiter gewachsen sind und mit Befugnissen, die ausgeweitet wurden. Die Arbeit der Nachrichtendienste findet naturgemäß im Verborgenen statt, aber die Spionage durch den BND und die Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes, soll kein Selbstzweck sein – und die Dienste keine willfährigen Werkzeuge einer bestimmten politischen Agenda.
Die Dienste sollen vielmehr Informationen sammeln und bewerten, Einschätzungen und Prognosen abgeben und somit die Regierung in die Lage versetzen, in bestimmten Bereichen bessere, fundiertere Entscheidungen zu treffen. Die Kanzlerin und ihre Ministerinnen und Minister sollen dabei unterstützt werden bestehende Krisen zu lösen oder aufkommende Krisen zu verhindern.
Die Unterrichtung durch die Geheimdienst-Chefs ist zwar nur eine Quelle aus der die Bundesregierung Informationen schöpfen kann – aber mitunter eine äußerst wertvolle. Die Wertschätzung der Dienste und ihrer Arbeit unterlag im Laufe der Jahre allerdings teils erheblichen Schwankungen. Manch ein Bundeskanzler soll die tägliche Zeitungslektüre den BND-Berichten vorgezogen haben, und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt lange einen deutlichen Sicherheitsabstand zu den Spionen.
Welche Bedeutung hat die ND-Lage tatsächlich für das Regierungshandeln? Und wie genau laufen die geheimen Sitzungen ab?
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