Ob Delfine, Katzen oder Tauben – Geheimdienste versuchten in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Tiere als Spionage-Helfer einzusetzen. Manche dieser geheimen Projekte wirken heute mehr als skurril.
Von Florian Flade

Plötzlich war er da. Ein knapp vier Meter langer Beluga-Wal verfolgte im Frühjahr 2019 immer wieder Fischerboote vor den Inseln Ingøy and Rolvsøy, ganz im Norden von Norwegen. Das Tier schien keine Angst vor den Schiffen zu haben, es war sogar erstaunlich zutraulich. Und noch etwas fiel den Fischern auf: Der Wal trug zwei seltsame Gurte um seinen Körper. Mitarbeiter der norwegischen Fischerei-Behörde versuchten das Tier einzufangen und näher zu untersuchen, doch alle Versuche scheiterten. Es war schließlich ein Fischer, der mit Schutzkleidung ausgestattet beherzt ins eiskalte Wasser sprang und dem es tatsächlich gelang, das merkwürdige Geschirr von dem Meeressäuger zu lösen.
Zur Überraschung der Norweger hatte sich das Tier offensichtlich nicht in einem Fischernetz oder in Müll verfangen. Der Beluga-Wal war vielmehr mit einer kleinen Kamera bestückt worden, die offenbar mit den Gurten an seinem Körper befestigt worden war. Die Kamera war nicht mehr vorhanden, auf der Halterung aber gab es Aufschriften, die darauf hindeuteten, dass sie aus St. Petersburg stammte. Kam der Wal demnach aus Russland?
Bis heute ist unklar, warum das Tier plötzlich in den Gewässern vor Norwegen auftauchte und augenscheinlich gezielt Boote verfolgte. Niemand erhob bislang Besitzansprüche auf den zahmen Beluga, der den Spitznamen „Hvladimir“ bekam. Norwegens Behörden vermuten allerdings, dass es sich um einen trainierten Wal der russischen Marine handelt, möglicherweise stammt er aus dem rund 400 km entfernten Stützpunkt der russischen Nordflotte in Murmansk. Schon zu Sowjetzeiten waren Delfine speziell trainiert worden, um beispielsweise Unterwasserminen aufzuspüren oder gegnerische U-Boote und andere Schiffe auszuspionieren.
Dass Tiere von Militär als nützliche Helfer eingesetzt werden, ist seit vielen Jahren bekannt. Die Brieftauben aus dem Ersten Weltkrieg, „carrier pigeons“ genannt, beispielsweise galten als äußerst effektive Form der Kommunikation. Und auch im Zweiten Weltkrieg wurden Tauben eingesetzt, etwa von der Einheit MI14 (d) des britischen Militärgeheimdienstes. Damals wurden die Vögel in Boxen mit Fallschirmen über dem von Nazis besetzten Gebieten abgeworfen. Die Agenten schickten die Tauben schließlich mit strategisch wichtigen Informationen, etwa zu deutschen Abwehranlagen oder Abschlussrampen der V2-Raketen zurück nach Großbritannien.
Doch auch außerhalb von Kriegszeiten wurde immer wieder daran getüftelt, tierische Helfer für Spionage-Zwecke einsetzen zu können. Historische Akten zeigen, wie Geheimdienste in den vergangenen Jahrzehnten intensiv daran forschten, wie man Vögel dazu verwenden kann, heimlich Fotoaufnahmen von militärischen Anlagen zu machen, de-facto als biologische Variante der späteren Drohne. Oder auch, ob Katzen mit Mikrofonen ausgestattet werden können, um Gespräche in eigentlich sehr abgeschirmten Anlagen abhören zu können.
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