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Islamist aus Dinslaken verübt offenbar Selbstmordanschlag im Irak

von Florian Flade

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Im Dezember 2013 tauchte ein islamistisches Propaganda-Video des Islamischen Staates im Irak und Großsyrien (ISIG) auf. Darin zu sehen war ein rotblonder Islamist mit türkisfarbenen Augen. Er nannte sich „Abu Usama al-Almani“, schwor dem ISIG-Anführer den Treueeid und rief deutsche Muslime auf sich dem Dschihad in Syrien anzuschließen.

„Abu Usama al-Almani“ hieß mit bürgerlichem Namen Philip B. und war ein ehemaliger Pizza-Bote und Berufsschuler aus Dinslaken in Nordrhein-Westfalen. Vor fünf Jahren war B. zum Islam konvertiert und offenbar in kürzester Zeit radikalisiert. Gemeinsam mit mindestens vier Glaubensbrüdern reiste Philip B. im vergangenen Jahr nach Syrien und schloss sich dort der Terrorgruppe ISIG an. Aus Philip B. dem Berufsschüler und Gelegenheitsjobber wurde „Abu Usama“ der Dschihadist.

Jetzt soll der Dinslakener Konvertit tot sein. Wie die Terrororganisation ISIG gestern vermeldete soll der deutsche Islamist  ein Selbstmordattentat im Nord-Irak verübt haben. In der Ortschaft Ali Rash nahe Mossul sollen zwei ISIG-Terroristen einen Stützpunkt der kurdischen Peshmerga-Truppen mit sprengstoffbeladenen Lastwagen attackiert haben. Bis zu 20 Menschen sollen bei dem Doppelanschlag ums Leben gekommen sein.

Als Attentäter nennt ISIG einen Libyer namens „Abu Muawiya al-Libi“ und den Deutschen „Abu Usama al-Almani“. Internet-Äußerungen von Dschihadisten legen nahe, dass es sich bei letzterem um den Konvertiten Philip B. handelt.

„Ein sehr enger deutsche Bruder hat heute eine Märtyreroperation gegen die Peshmerga durchgeführt“, heißt es im Interneteintrag eines ISIG-Dschihadisten. „Was für ein Löwe, der uns immer zum Lachen gebracht hat. Möge Allah ihn (als Märtyrer) akzeptieren.“

Sollte Philip B. tatsächlich für das Selbstmordattentat im Nord-Irak verantwortlich sein, stellt sich die Frage, wo sich seine Mitstreiter aus dem Dinslakener Stadtteil Lohberg befinden. Sicherheitsbehörden sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass die Gruppe, die sich selbst die „Lohberger Brigade“ nannte, geschlossen in Syrien und dem Irak unterwegs ist.

Vor einigen Wochen löschten die Dinslakener Islamisten, darunter die beiden Deutsch-Türken Mustafa K. und Enis A.,  ihre Facebook-Profile.

Al-Qaidas mächtigster Kommandeur

von Florian Flade

Abu Bakr al-Baghdadi gilt als Phantom: Er ist der Anführer des stärker werdenden Terrornetzwerkes Islamischer Staat im Irak und Sham – und provoziert damit den eigentlichen Al-Qaida-Chef.

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Als er noch im nordrhein-westfälischen Dinslaken wohnte, war Philip B. ein Berufsschüler, der als Pizzabote sein Geld verdiente. Jetzt lebt der Konvertit in Syrien und kämpft als „Abu Osama al-Almani“ an der Seite al-Qaidas gegen das Assad-Regime. In einer Videobotschaft lobt Philip B. das Terrornetzwerk in höchsten Tönen. „Ich hab noch eine Nachricht an meinen Sheikh Abu Bakr al-Baghdadi. Wir sind wirklich zufrieden mit deiner Arbeit“, sagt der deutsche Dschihadist. „Und dass du bereit bist, trotz der ganzen Gegner den Islamischen Staat auszurufen. Dafür lieben wir dich, und dafür stehen wir dir zur Seite!“

Wer ist der ominöse Sheikh, dem der deutsche Gotteskrieger seine Loyalität ausspricht?

Abu Bakr al-Baghdadi ist der derzeit wohl mächtigste Mann innerhalb des Terrornetzwerkes al-Qaida. Obwohl die Organisation nach der Tötung Osama Bin Ladens im Mai 2011 rein hierarchisch von dem Ägypter Ayman az-Zawahiri geführt wird, lenkt al-Baghdadi mittlerweile faktisch einen Großteil der islamistischen Gotteskrieger. Der 42-jährige Iraker, dessen richtiger Name Ibrahim Bin Awad Bin Ibrahim al-Badri al-Radawi al-Husseini al-Samarrai lauten soll, befehligt den Al-Qaida-Ableger Islamischer Staat im Irak und Sham (ISIS), die aktuell wohl schlagkräftigste Terrorgruppe auf dem syrischen Schlachtfeld. Das US-Außenministerium hat für Hinweise zu seiner Ergreifung eine Belohnung von zehn Millionen US-Dollar ausgesetzt.

Für westliche Sicherheitsbehörden war al-Baghdadi lange Zeit ein Phantom. Nach der Tötung des Jordaniers Abu Mussab az-Zarkawi im Juni 2006 übernahm er zunächst das irakische Al-Qaida-Netzwerk. Auf öffentliche Auftritte, etwa in Propagandavideos, verzichtet al-Baghdadi bislang. Lediglich Audiobotschaften veröffentlicht der Extremist in regelmäßigen Abständen.

Al-Baghdadis nicht unumstrittener Machtanspruch beruht zum größten Teil auf seiner Biografie. Geboren 1971 im irakischen Samarra, soll al-Baghdadi aus einer angesehenen Familie stammen, die mehrere Sharia-Gelehrte hervorgebracht hat und in direkter Verwandtschaft zum Propheten Mohammed stehen soll. Zudem, so heißt es in einer in dschihadistischen Internetforen verbreiteten Biografie, soll er über einen Doktortitel in islamischer Theologie von der Universität Bagdad verfügen. Und somit offiziell ein Rechtsgelehrter sein. Als „Dr. Abu Dua“ bezeichnete er sich lange Zeit selbst.

Nach dem Einmarsch der US-Armee in den Irak im Jahr 2003 schloss sich al-Baghdadi eigenen Angaben zufolge der frühen Al-Qaida-Keimzelle um Abu Mussab az-Zarkawi an. Welche Rolle er unter az-Zarkawi innehatte, ist bis heute ungeklärt. Jedenfalls stieg er nach dessen Tod unmittelbar zum Anführer des Islamischen Staates im Irak (ISI), wie sich die irakische al-Qaida nennt, auf.

Mittlerweile hat er das Nachbarland Syrien ins Visier genommen. Al-Baghdadi entsandte wohl erstmals 2012 Kämpfer aus dem Irak über die Grenze, um Präsenz im syrischen Bürgerkrieg aufzubauen. Sein erklärtes Ziel war dabei die Errichtung eines radikal-islamischen Gottesstaates in Nahost. Ausgehend vom West-Irak sollen Dschihadisten die gesamte Region über die Grenze nach Syrien hinaus unter ihre Kontrolle bringen. Nie hat al-Qaida ein derart großes Gebiet beherrschen können.

Um diese Vision umsetzen zu können, verkündete der Terrorchef im April 2013 die Gründung einer neuen Organisation, des Islamischen Staates im Irak und Sham. Eine Aktion, die al-Sawahiri zornig machte. Wohl aus seinem Versteck irgendwo im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet heraus sandte der Bin-Laden-Nachfolger im Juni 2013 einen wütenden Brief an seine Statthalter im Irak und in Syrien. „Sheikh Abu Bakr al-Baghdadi lag falsch, als er ISIS gegründet hat, ohne unsere Genehmigung und ohne unseren Rat einzuholen oder uns auch nur zu informieren“, schrieb al-Sawahiri. Der Islamische Staat in Syrien sei nun aufzulösen, so der Al-Qaida-Chef, die Organisation im Irak solle jedoch fortgeführt werden. Eine andere Terrorgruppe, die islamistische Jabhat-al-Nusrah-Front unter Führung von „Abu Mohamed al-Dscholani“, sei der rechtmäßige Al-Qaida-Ableger in Syrien.

Die Anordnung Sawahiris kam einer Ohrfeige für Abu Bakr al-Baghdadi gleich. Zu diesem Zeitpunkt aber hatten sich dessen Gotteskrieger bereits in zahlreichen Ortschaften in Nord-Syrien eingenistet und mit drakonischen Strafen, Folter und Hinrichtungen den Ruf als brutalste und furchterregendste Rebellengruppe erworben. Eine wachsende Zahl von Kämpfern der Jabhat al-Nusrah lief zu ISIS über. Der Machtbereich al-Baghdadis weitete sich zusehends aus. Und das, obwohl Ayman az-Zawahiri eigentlich den Rückzug der Terrormiliz in den Irak befohlen hatte.

Westliche Nachrichtendienste beobachteten den Machtkampf innerhalb al-Qaidas sehr genau. Wie würde al-Baghdadi auf die Anordnung seines Chefs reagieren? „Einen vergleichbaren Disput hatte es bis dato in der al-Qaida nicht gegeben“, sagt ein Analyst des Bundesnachrichtendienstes.

Al-Baghdadis Antwort auf az-Zawahiri folgte nur wenige Tage später. „Der Islamische Staat im Irak und in der Levante wird fortbestehen und ist nicht gefährdet, bis wir sterben“, sagte der Iraker in einer Audiobotschaft, die im Internet verbreitet wurde. An die Konkurrenz der Jabhat al-Nusrah gerichtet, bot al-Baghdadi an, diese könne sich problemlos seiner Gruppierung anschließen.

Zawahiri hatte die Jabhat al-Nusrah offiziell als Teil al-Qaidas und rechtmäßigen Ableger in Syrien geadelt. Für al-Baghdadi aber ist die Gruppe in ihrer Auslegung der Sharia nicht radikal genug. Der Kampf Jabhat al-Nusrahs gilt primär dem syrischen Regime Baschar al-Assads. Aus Sicht al-Baghdadis aber müssten sämtliche Schiiten und auch Kurden als „Feinde der Sunniten“ bekämpft werden.

Der Machtkampf innerhalb der al-Qaida war mit al-Baghdadis Absage an az-Zawahiri perfekt. Der machtbesessene Emir des Islamischen Staates war nicht gewillt, einen Rückzieher zu machen. Und er hat dabei gute Argumente auf seiner Seite. Die schwarz vermummten Dschihadisten von ISIS nehmen seit Monaten eine Ortschaft nach der anderen im syrischen Kriegsgebiet ein, hissen dort die schwarzen Flaggen mit dem Siegel des Propheten Mohammed, errichten Sharia-Gerichte und vertreiben lokale Rebellengruppen.

Zawahiri kann dem Siegeszug ISISs nur hilflos zusehen. Auch wenn er in einer Audiobotschaft am 8. November 2013 erneut auf al-Baghdadi einredete. In 14 Punkten legte al-Sawahiri dar, wie sich die Terrorgruppen in Syrien zu verhalten haben. Al-Baghdadis ISIL-Fraktion, so wiederholte er, solle sich auf irakisches Territorium zurückziehen. Jabhat al-Nusrah solle den Dschihad in Syrien führen.

Die Worte des Al-Qaida-Emirs scheinen jedoch auf taube Ohren zu treffen. Abu Bakr al-Baghdadi hat längst größere Ziele vor Augen. Er sieht sich als Herrscher eines grenzüberschreitenden Gottesstaates zwischen dem Irak und Syrien. Vergleichbare Macht übte bislang kein Al-Qaida-Vertreter aus.

Möglich ist all dies auch durch den Umstand, dass die Situation im Irak aufgrund des anhaltenden Bürgerkrieges in Syrien in Vergessenheit geriet. Insbesondere seit dem Rückzug der US-Truppen. Dabei gibt es weiterhin Terroranschläge gegen die irakische Regierung, kurdische Milizen im Norden und Schiiten im Südirak. Hunderte Menschen starben im vergangenen Jahr bei Attentaten, für die al-Baghdadis Organisation die Verantwortung übernahm.

Im Juli 2013 etwa stürmten Al-Qaida-Kämpfer das größte irakische Gefängnis in Abu Ghraib und befreiten über 500 Insassen, darunter unzählige Terroristen. Ein Coup, der al-Baghdadi in dschihadistischen Kreisen weitere Sympathie verschaffte. Zudem gelang es den Al-Qaida-Extremisten, beinahe unbemerkt ein Machtvakuum in der westirakischen Provinz al-Anbar auszunutzen. In den Städten Falludscha und Ramadi riefen die Dschihadisten in der vergangenen Woche einen islamischen Staat aus. Tausende Menschen flohen daraufhin.

Die irakische Regierung entsandte das Militär und forderte die örtliche Bevölkerung auf, sich gegen die Islamisten zur Wehr zu setzen. Die Folge waren blutige Gefechte mit mehr als 150 Toten. Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki kündigte an, weitere Anti-Terror-Einsätze in der Region durchzuführen, „bis wir alle terroristischen Gruppen beseitigt und unser Volk in Anbar gerettet haben“.

Sicherheitsbehörden identifizieren „Abu Osama“

von Florian Flade

Ein deutscher Islamist aus Nordrhein-Westfalen kämpft für al-Qaida in Syrien und stößt in einem Video Drohungen aus. Deutschen Sicherheitsbehörden ist der Extremist schon bekannt.

„Mein Name ist Abu Osama, ich komme aus Deutschland“, sagt der Mann mit dem rotbraunen Bart und den türkisblauen Augen in akzentfreiem Deutsch. In der Hand hält er dabei ein Sturmgewehr. „Ich bin nach Syrien ausgewandert (…). Ich habe mich der Karawane des Dschihads angeschlossen.“
Ein zum Islam konvertierter Deutscher wirbt in einem Propagandavideo aus Syrien für den Terrorkrieg der Al-Qaida. Er ruft deutsche Muslime auf, ihm in den „Heiligen Krieg“ zu folgen. Und er droht den „Ungläubigen“. Wer ist der Mann, der sich „Abu Osama“ nennt?


Seit dem Wochenende analysieren Fachleute des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) das Al-Qaida-Video, über das die „Welt“ exklusiv berichtet hatte. Der Abteilung Sechs des Verfassungsschutzes, zuständig für „Islamistischen Extremismus und Terrorismus“, gelang es inzwischen, „Abu Osama“ zu identifizieren. Es soll sich demnach um Philip B., einen 26-jährigen Konvertiten aus dem nordrhein-westfälischen Dinslaken, handeln.


Nach Informationen der „Welt“ gingen beim Verfassungsschutz seit dem Auftauchen des Propagandavideos im Internet mehrere Hinweise von Bürgern ein, die Philip B. erkannt hatten. Insbesondere ein markantes Tattoo am Hals verriet offenbar den Dinslakener.


Philip B. soll im Jahr 2009 zum Islam konvertiert sein. Zuletzt verkehrte der ehemalige Pizza-Bote und begeisterte Fußballer in der radikalislamischen Szene. Der Verfassungsschutz stuft ihn als Anhänger des Salafismus ein. Zusammen mit mindestens vier weiteren Salafisten aus der Region Dinslaken soll Philip B. vor einigen Monaten nach Syrien gereist sein. Wie seine Mitstreiter soll der Konvertit für seine Familie einen Abschiedsbrief hinterlassen haben.


Die ausgereisten Islamisten gingen gemeinsam zur Berufsschule und reisten wohl zusammen per Auto in die Türkei. Anschließend fuhren sie weiter nach Syrien. Dort schlossen sich die Islamisten aus Deutschland offenbar der Terrororganisation „Islamischer Staat im Irak und Levante“ (englische Abkürzung ISIS) an, die als Ableger des Al-Qaida-Netzwerkes gilt.


Am Wochenende veröffentlichte ISIS ein Propagandavideo, in dem Philip B. alias „Abu Osama“ zu sehen ist. Es ist der erste Videobeweis dafür, dass ein deutscher Islamist in den Reihen des Al-Qaida-Ablegers kämpft.


„Die Kuffar („Ungläubige“, Anmerkung der Red.) sollen über die Worte nachdenken und sich uns anschließen“, warnt Philip B. in seinem Drohvideo. „Ansonsten seid ihr unsere Feinde und wir werden euch bekämpfen!“


Dem 26-jährigen Nordrhein-Westfalen scheint es bei seinem Kampfeinsatz in Syrien nicht nur um das Assad-Regime zu gehen. So schrieb er gerade erst auf seiner persönlichen Seite: „Sogar in Vietnam hat Amerika verloren. Was wollen sie dann erst gegen Jugendliche machen, die den Tod mehr lieben als sie das Leben!!!“