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Der BND und der Jom-Kippur-Krieg

Im Oktober 1973 kam es zum Krieg zwischen Ägypten, Syrien und Israel. Historische Akten zeigen, dass der BND damals vom Beginn des „Jom-Kippur-Krieges“ überrascht wurde. Dann aber hofften die Pullacher Spione, durch den Konflikt an sowjetische Waffensysteme zu gelangen.

Von Florian Flade

Der Angriff kam überraschend. Am 06. Oktober 1973, an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, griffen Ägypten und Syrien zeitgleich Israel an. Die Armeen der arabischen Staaten attackierten an zwei Fronten, der Sinai-Halbinsel und den Golan-Höhen, die während des Sechs-Tage-Krieges 1967 von Israel besetzt worden waren. Zunächst hatten die Angreifer die Oberhand, dann schlug die israelische Armee sie zurück. Mehr als zwei Wochen dauerte der Krieg und forderte schließlich mehrere Tausend Tote auf allen Seiten.

In einem Waldstück südlich von München, in der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND), sah man damals eine günstige Gelegenheit gekommen – um an begehrte Waffensysteme aus dem Ostblock zu gelangen, die von den arabischen Kriegsparteien eingesetzt wurden. Über die Kontakte zu den Israelis sollte der deutsche Auslandsgeheimdienst erbeutetes, sowjetisches Kriegsgerät auswerten und die Ergebnisse der Bundeswehr zur Verfügung stellen.

Der BND beobachtete das Kriegsgeschehen im Nahen Osten in jenen Oktoberwochen 1973 daher sehr genau, wie aus historische Unterlagen des Dienstes hervorgeht. Die Akten zeigen außerdem nicht nur, wie der Jom-Kippur-Krieg militärisch analysiert wurde, sondern auch wie der deutsche Dienst die Bewertungen anderer Staaten in ziemlich arroganter und überheblicher Weise kommentiert, insbesondere die Einschätzungen der israelischen Militärführung und Regierung.

Dies wird vor allem durch Tagebucheinträge des damaligen BND-Präsidenten Gerhard Wessel (1913-2002) deutlich. Wessel diente nach seinem Abitur ab Oktober 1932 zunächst in der Reichswehr, später dann in einem Artillerieregiment der Wehrmacht. Beim Überfall der Nazis auf Polen war er in einer Infanterie-Division tätig, nach seiner Ausbildung zum Generalstabsoffizier ab 1942 in der Abteilung Fremde Heere Ost, die von Reinhard Gehlen geleitet wurde, dem späteren ersten BND-Präsidenten.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stand Wessel im Dienst der „Organisation Gehlen“, dem Vorläufer des BND, trat dann in die Bundeswehr ein, stieg in den Führungsstab auf und wurde erster Leiter des Militärischen Abschirmdienstes. Später war er Kommandeur der Panzerbrigade 2, wurde dann zum Generalmajor befördert und schließlich im Mai 1968 zum BND-Präsidenten ernannt.

„Es sind wohl alle westlichen Staaten auf die israelische Feindlagebeurteilung hereingefallen“, schrieb Wessel im November 1973 in sein Tagebuch. Israel habe die militärischen Vorbereitungen Ägyptens und Syriens als „übliche Manöver“ abgetan und „keine Gefahr eines ernsthaften Angriffes“ gesehen.

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IS-Terroristen im Sudan?

Im Sudan gab es schwere Gefechte zwischen Sicherheitskräften und angeblichen IS-Dschihadisten. Dass die Terrororganisation auch in dem ostafrikanischen Land aktiv ist, war bislang nicht bekannt. Anfang des Jahres wollte jedoch auch ein Islamist aus Deutschland offenbar dorthin ausreisen. 

Von Florian Flade

Ein heftiges Feuergefecht soll es gegeben haben. Am Montag, im Stadtteil Jabra der sudanesischen Hauptstadt Khartoum. Maschinengewehre, Panzerfäuste und Handgranaten kamen dabei offenbar zum Einsatz. Sudanesische Sicherheitskräfte sollen eine Anti-Terror-Operation gegen Dschihadisten durchgeführt haben. Vier Terrorverdächtige sollen dabei getötet worden sein, ebenso ein sudanesischer Soldat. Weitere vier mutmaßliche Terroristen wurden nach Angaben lokaler Medien festgenommen. Es soll sich um eine Zelle der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) handeln.

Erst in der vergangenen Woche kamen bei einer Operation des sudanesischen Geheimdienstes in derselben Gegend fünf Angehörige der Sicherheitsbehörden ums Leben, sieben weitere wurden verletzt. Auch bei diesen Schusswechseln sollen IS-Anhänger beteiligt gewesen sein. Sudanesische Behörden melden außerdem die Festnahme von mehreren „ausländischen Elementen“, die zu der Terrorzelle gehört haben sollen.

Die Terrorgruppe IS beherrschte einst große Teile Nordsyriens und des Irak. Zudem entstanden Ableger, sogenannte Provinzen oder Verwaltungsgebiete, in anderen Regionen der Welt. Unter anderem in Afghanistan, Somalia, Philippinen, der ägyptischen Sinai-Halbinsel und Westafrika. Auch in Zentralafrika, vor allem im Kongo, und in Mosambique sind die Dschihadisten aktiv. Dass allerdings auch im Sudan ein IS-Struktur existiert, war bislang nicht bekannt.

Die Propagandaplattformen des IS veröffentlichen regelmäßig Bekennerschreiben, Fotos und Videos aus den noch verbliebenen Provinzen des Terrorkalifats. Aus dem Sudan, der in den 1990er Jahren als beliebter Rückzugsort für dschihadistische Gruppierungen galt, gab es solche offizielle Propaganda noch nicht.

Der Fall eines Terrorverdächtigen aus Deutschland aber lieferte vor einigen Monaten bereits Hinweise darauf, dass im Sudan möglicherweise tatsächlich terroristische Zellen existieren, die mit dem Islamischen Staat (IS) verbunden sind.

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Austro-Dschihadist Mahmoud in Syrien

von Florian Flade

pic041114Mohamed Mahmoud wohl in Raqqa, Syrien

Wohlgenährt und mit einem verschmitzten Grinsen blickt Mohamed Mahmoud in die Kamera. Er trägt den Pakul, die traditionelle Wollmütze der Paschtunen, und eine Militärjacke mit Tarnmuster. Hinter ihm liegen Leichen, enthauptet und halb entkleidet. Entstanden sind die Fotos wohl vor wenigen Tagen. Aufgenommen in der nord-syrischen Stadt Raqqa, der inoffiziellen Hauptstadt des sogenannten „Islamischen Staates“.

Mohamed Mahmoud, in Wien geborener Sohn ägyptischer Einwanderer, gilt als einer der meistgesuchten Islamisten Europas. Der Österreicher hat eine Odyssee hinter sich. Er zog von Wien nach Berlin, wo er die inzwischen verbotene Salafisten-Gruppierung „Millatu Ibrahim“ ins Leben rief.  Kurze Zeit später zog er ins nordrhein-westfälische Solingen, später nach Erbach in Hessen. Als ihm das hessische Innenministerium im Frühjahr 2012 mit Abschiebung drohte setzte sich der Extremist nach Ägypten ab, anschließend nach Libyen. Auf seinem Weg nach Syrien war Mahmoud schließlich im März 2013 in der Türkei festgenommen worden. Bis vor wenigen Wochen befand er sich dort in Polizeigewahrsam.

Österreichische Sicherheitsbehörden rätselten jüngst über den Verbleib des radikalen Islamisten. Türkische Behörden hatten den Wiener Extremisten nach eigenen Angaben im August nach über einem Jahr Haft auf freien Fuß gesetzt. Mahmoud war im März 2013 bei der Einreise in die Türkei festgenommen worden. Nicht aufgrund seiner dschihadistischen Überzeugung, sondern wegen eines gefälschten libyschen Passes. Seitdem saß der österreichische Islamist in einem Gefängnis in Konya. Auslieferungsgesuche der österreichischen Justiz lehnte die Türkei konsequent ab. Mahmoud konnte sich im sogenannten „Anhaltelager“ relativ frei bewegen, sogar Internetzugang wurde ihm gewährt.

Anfang Oktober schließlich meldeten Dschihadisten über Twitter, dass Mohamed Mahmoud alias „Abu Usama al-Gharib“ aus der Haft entlassen worden sei und sich nun in Syrien aufhalte. In den Reihen der Terrororganisation „Islamischer Staat“. „Großartige Zeichen!“, schrieb ein Extremist. „Abu Usama al-Gharib ist einer von 200 Soldaten des Islamischen Staates, die aus dem türkischen Gefängnis freigelassen wurden!“

Gegenüber SPIEGEL Online erklärten türkische Behörden,  Mahmoud sei am 19. August freigelassen worden, da die maximale Haftdauer wegen seines Visavergehens abgelaufen sei. Der Österreicher sei in ein Hotel gebracht worden und habe Auflagen erhalten, sich regelmäßig bei den Behörden zu melden.

In europäischen Sicherheitskreisen wird diese Version der Freilassung allerdings stark angezweifelt. Von einem Gefangenenaustausch ist die Rede, einem Deal zwischen der türkischen Regierung und der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS).

Die Dschihadisten hatten im Juni im irakischen Mossul das türkische Konsulat überfallen. Dabei nahmen sie 46 Türken und drei irakische Angestellte als Geiseln. Für 101 Tage waren die Konsulatsmitarbeiter in der Hand der Terroristen. Am 29. September schließlich kamen sie unbeschadet frei. Auf diplomatischen Wegen sei die Freilassung verhandelt worden, hieß es aus Ankara.

Die Times of London berichtet jedoch unter Berufung auf geheime Unterlagen, dass es hinter den Kulissen eine zu einer Absprache zwischen der Türkei und den IS-Terroristen gekommen sei. Im Gegenzug für die Geiseln von Mossul sollen türkische Behörden mehr als 180 Dschihadisten freigelassen haben , darunter zahlreiche Europäer wie Mohamed Mahmoud oder die Briten Shabazz Suleman und Hisham Folkard.

Schrittweise seien die Islamisten auf freien Fuß gesetzt worden, heißt es aus europäischen Sicherheitskreisen. Und nach und nach reisten viele von ihnen über die Grenze nach Syrien, wo sie sich dem „Islamischen Staat“ anschlossen.

pic041114_2Die „Hochzeitskarte“ von Mohamed Mahmoud

Der Wiener Mohamed Mahmoud soll sich inzwischen in Raqqa aufhalten und eine IS-Anhängerin geheiratet haben. „Abu Usama Al-Gharib und unsere Schwester Ahlam al-Nasr haben heute in Raqqa geheiratet“, twitterte ein Islamist vor wenigen Wochen. Al-Nasr gilt als Propagandistin des IS. Sie veröffentlichte mehrere Gedichte und ein Buch zum Thema „Der Islamische Staat und der Medienkrieg“.