von Florian Flade
Zwei deutsche Islam-Konvertiten, die in Großbritannien wegen Terrorverdacht verurteilt wurden, sind wieder zurück in Deutschland. Beobachter warnen: die hiesige Islamisten-Szene könnte die Ex-Häftlinge als Helden feiern.
Solingen hat einen verlorenen Sohn wieder. Der Islam-Konvertit Robert B. befindet sich nach monatelanger Haft in Großbritannien wieder in der Bergischen Provinz. Am vergangenen Freitag wurde der Terorverdächtige nach meinen Informationen per Linienflug von London aus nach Frankfurt am Main abgeschoben. Von dort ging die Reise in die Heimatstadt Solingen.
Bombenbau-Anleitung im Gepäck
Robert B. (24) und sein Glaubensbruder und Freund Christian E. (28) waren im Juli 2011 bei ihrer Einreise nach Großbritannien festgenommen worden. Die Grenzpolizei in der Hafenstadt Dover hatte die beiden per Fähre angereisten deutschen Konvertiten kontrolliert und war dabei auf islamistische Propagandaschriften gestoßen. Die Solinger hatten mehrere radikalislamische Dokumente auf ihren Laptops, darunter auch das englischsprachige Al-Qaida-Magazin „Inspire“, das eine Bombenbau-Anleitung enthält.
Bereits in Deutschland hatten Sicherheitsbehörden Robert B. und Christian E. im Visier. Die zum Islam konvertierten Männer, die in den vergangenen Jahren Sprachschulen in Ägypten besucht hatten, gelten als überzeugte Islamisten und Logistiker in den salafitischen Netzwerken von Nordrhein-Westfalen.
Bei ihrer Einreise in Großbritannien gaben die Konvertiten aus Deutschland an, sie hätten ursprünglich geplant von Belgien per Flugzeug nach Ägypten zu reisen. Die Flugtickets seien ihnen allerdings zu teuer gewesen, und sie hätten sich stattdessen spontan für eine Reise nach Großbritannien entschieden. Britische Sicherheitsbehörden hingegen vermuten, dass Robert B. und Christian E. vor hatten Glaubensbrüder in Großbritannien zu treffen mit denen sie bereits vor ihrer Einreise Kontakt über das Internet hielten.
Großbritannien hat strengere Anti-Terror-Gesetze
Aufgrund der brisanten Dokumente in ihrem Gepäck wurden B. und E. noch am Tag ihrer Einreise unter Terrorverdacht festgenommen. Nach dem britischen Anti-Terror-Gesetz gilt – anders als in Deutschland – bereits der Besitz von Bombenbau-Anleitungen, wie sie die beiden Deutschen bei sich führten, als Straftat.
Nach der Festnahme im Juli 2011 saßen B. und E. zunächst monatelang in Untersuchungshaft in London, unter anderem im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Aus der Haft heraus hielten die Terrorverdächtigen per Briefwechsel weiterhin Kontakt zu Glaubensbrüdern in Deutschland. In den Briefen, die teilweise veröffentlicht wurden, gaben sich Robert B. und Christian E. kämpferisch.
Briefe aus dem Gefängnis in London
“Es tut gut mit so vielen Brüdern zu sein. Die Haft lässt sich aushalten. Man bekommt sein Essen, man kann Fitness machen und islamische Klassen besuchen, Freitagsgebet gibt es auch“, schrieb Robert B. in Briefen aus dem britischen Gefängnis, „Es ist schön so viel Zeit für Koran lesen zu haben, draußen kam irgendwie immer was dazwischen.“
Im Herbst vergangenen Jahres erhob die britische Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Solinger Konvertiten. Im Februar kam es zur Gerichtsverhandlung. Als Zeugen sagte u.a. auch Marlis B, die Mutter von Robert B. aus, die eigens mit ihrem Anwalt nach London gereist war. Marlis B. hatte in den Monaten zuvor in TV-Sendungen wie etwa der Talkshow „Beckmann“ die Wandlung ihres Sohnes hin zum radikalen Islamisten geschildert.
Haftstrafen für Robert B. und Christian E.
Der Zentrale Strafgerichtshof Old Bailey in London verurteilte Robert B. und Christian E. am 6.Februar zu jeweils 12 beziehungsweise 16 Monaten Haft. Zuvor hatten sich die beiden Angeklagten schuldig bekannt. Die Hälfte der Strafen wurde auf Bewährung ausgesetzt und die bereits abgesessene Untersuchungshaft wird angerechnet. Dies bedeutet: Robert B. darf das Gefängnis verlassen. Christian E. muss theoretisch nach seiner Abschiebung den Rest der Haftstrafe in Deutschland absitzen. Offenbar verzichteten die britischen Behörden jedoch in seinem Fall auf ein Gesuch an die deutsche Justiz die verbleibende Haftstrafe in Deutschland zu vollstrecken.
Wie aus Großbritannien erfuhr, soll Christian E. nach wochenlanger Abschiebehaft am heutigen Dienstag nach Deutschland ausgeflogen werden. Ob die Abschiebung aufgrund der aktuell herrschenden Streiks an vielen deutschen Flughäfen stattfinden kann, ist unklar.
Solinger Moschee inzwischen „Hort des Islamismus“
In der Heimatstadt von Robert B. und Christian E. hat sich seit ihrer Abwesenheit und anschließenden Festnahme einiges getan. Der islamistische Prediger Mohammed M. alias „Abu Usama al-Gharib“ aus Österreich hat den kleinen Moschee-Verein übernommen, in dem B. und E. lange Zeit verkehrten. Inzwischen heißt die Gemeinde „Millatu Ibrahim e.V.“ und gilt als Hort des radikalen Islamismus. Die Anhänger des Moschee-Vereins, so warnen Verfassungsschützer, seien mehrheitlich Befürworter des bewaffneten Dschihad.
Das Treiben der Salafiten-Bewegung „Millatu Ibrahim“ hat mittlerweile auch die Lokalpolitik auf den Plan gerufen. Nach Bürgerprotesten und Aufmärschen der rechtspopulistischen Bewegung „Pro NRW“ organisierte die Stadt Solingen im Februar einen Informationsabend zum Thema Salafismus. Besorgte Eltern, die befürchten ihre Kinder könnten von den Islamisten missioniert werden, informierten sich und forderten gleichzeitig Polizei und Stadtverwaltung zum Handeln auf.
Wiedereingliederung von Robert B. in die Gesellschaft gefordert
Aufgrund dieser aufgeladenen Stimmung in Solingen, sehen viele Beobachter in der Rückkehr des Konvertiten Robert B. in seine Heimatgemeinde einen Test-Fall für die örtlichen Behörden. Die Islamismus-Expertin Claudia Dantschke vom „Zentrum für Demokratische Kultur“( ZDK) in Berlin befürchtet, der nun aus britischer Haft entlassene Robert B. könnte erneut in extremistische Kreise abrutschen. „Es besteht durchaus die Gefahr, dass der Konvertit von den Solinger Islamisten von Millatu-Ibrahim jetzt als Symbolfigur missbraucht wird“, so Dantschke.
„Die Stadt sollte jetzt alle Anstrengungen darauf konzentrieren, die Mutter von Robert B. dabei zu unterstützen, ihm eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen“, fordert die Expertin. Als gläubiger Muslim brauche der Konvertit aber auch eine religiöse Heimat: „Hier sind die Mocheegemeinden in Solingen gefordert.“
Bislang ist nicht bekannt, ob Robert B. nach seiner Rückkehr nach Solingen Kontakt zu seiner Mutter aufgenommen hat. Deren Anwalt war heute nicht erreichbar. Aufgrund der Äußerungen von Robert B. in den vergangenen Monaten ist allerdings wohl eher davon auszugehen dass der Solinger sich wieder in die Moschee-Gemeinde eingliedern wird, die er im Juli 2011 verlassen hatte. Man darf gespannt sein auf den ersten Youtube-Auftritt des Ex-Häftlings Robert B. – vielleicht ja sogar an der Seite von Mohammed M. (Abu Usama al-Gharib) und Denis C. (Deso Dogg).
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