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Geheimer als geheim

Das FBI hat das Anwesen von Donald Trump in Florida durchsucht. Dabei haben die Ermittler zahlreiche eingestufte Dokumente gefunden, darunter wohl auch Papiere mit extrem sensiblem Inhalt. Gibt es Unterlagen, die noch geheimer als geheim sind?

Von Florian Flade

Die FBI-Ermittler ahnten, dass die Durchsuchung wohl einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Mar-a-Lago, so schrieben die Beamten an den zuständigen Ermittlungsrichter, sei ein „Anwesen mit etwa 58 Schlafzimmern, 33 Bädern“. Sie würden bei der Razzia allerdings auf jene Bereich verzichten, die an Gästen vermietet seien. Man wolle sich vielmehr auf die privaten Räumlichkeiten des Hausherrn beschränken. Und der Hausherr ist „FPOTUS“, heißt es im Durchsuchungsbeschluss, der „Former President of the United States“  – Donald J. Trump.

Am frühen Morgen des 08. August rückte die US-Bundespolizei zur Hausdurchsuchung am Anwesen des amerikanischen Ex-Präsidenten in Palm Beach, Florida, an. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der USA. Die FBI-Agenten, die viele Stunden lang den Privatklub von Trump durchsuchten, gehören zur Abteilung der Spionageabwehr. Sie waren auf der Suche nach Dokumenten.

Das National Archive der Vereinigten Staaten soll demnach gegenüber den US-Behörden erklärt haben, dass Donald Trump zahlreiche Regierungsdokumente nach dem Ende der Präsidentschaft offenbar nicht zurückgegeben habe und diese daher nicht vorschriftsmäßig archiviert werden können. Einer von Trumps Anwalt wiederum soll erklärt haben, man habe alle Unterlagen ausgehändigt.

Die Ermittler haben erhebliche Zweifel daran und beantragten schließlich die Durchsuchung des Trump-Anwesens. Worum es dabei genau ging, blieb zunächst unklar. Bis die Washington Post in der vergangenen Woche berichtete, das FBI gehe davon aus, dass Trump geheime Dokumente über die Nuklearwaffen der USA in seinem privaten Anwesen lagere.

Da Trumps Anwälte keinen Widerspruch einlegten, veröffentlichte das Gericht nach einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft sowohl den Durchsuchungsbeschluss für die Razzia in Mar-al-Lago (datiert auf den 05. August 2022) als auch eine Auflistung über das, was die FBI-Agenten dabei fanden. Aus dem Beschluss geht hervor, dass die Ermittlungen drei Vorwürfe umfassen: Spionageverdacht, Behinderung der Ermittlungsbehörden und krimineller Umgang mit Regierungsdokumenten.

Mehr als 20 Kisten, Fotoalben, zahlreiche eingestufte Regierungsdokumente und eine handschriftliche Notiz stellten die Ermittler demnach sicher. Darunter Material über den „Präsidenten von Frankreich“ sowie ein Gnadenerlass für den Trump-Vertrauten Roger Stone.

Von größerer Brisanz aber sind die eingestuften Papiere, die im Trump-Anwesen lagerten. Es handelt sich dabei um Dokumente mit unterschiedlichem Verschlusssachen-Grad. Drei Unterlagen sind demnach als „confidential“ eingestuft, drei weitere als „secret“, vier als „top secret“ und ein Dokument als „top secret/SCI“.

Die weiteren Ermittlungen werden nun zeigen, ob die Dokumente verbotenerweise entwendet und in der Residenz des Ex-Präsidenten Trump gelagert worden waren – und wer möglicherweise Zugang zu den Unterlagen hatte.

Der Fall wirft aber schon jetzt ein Schlaglicht auf die Frage der Einstufung und des Geheimhaltungsgrades von Regierungsdokumenten. Dabei fällt auf, dass es in die USA offensichtlich noch höhere Einstufungen als „top secret“ gibt.

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Alles geheim, oder was?

Westliche Geheimdienste gehen erstaunlich offen mit Erkenntnissen zum Ukraine-Krieg um. In den Sicherheitsbehörden ist eine Diskussion darüber im Gange, was geheim bleiben soll, und was öffentlich werden darf. Über die neue Offenheit der Spione.

Von Florian Flade

Eigentlich sollte das, was da in der vergangenen Woche hinter verschlossenen Türen besprochen wurde, den Raum 2700 des Deutschen Bundestages nicht verlassen. Denn der Tagesordnungspunkt 13 der Sitzung des Verteidigungsausschusses wurde als „geheim“ eingestuft. Das bedeutet, die Abgeordneten dürfen nicht darüber reden, was sie zu hören bekommen, und es wird auch kein Protokoll geführt. Zwei Tage hielt die Verschwiegenheit diesmal, dann war im Spiegel nachzulesen, was der Ausschuss erfahren hatte.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte den Parlamentariern von abgehörten Funksprüchen aus der Ukraine berichtet. Ein Vertreter des Dienstes las sogar Mitschriften der übersetzen Kommunikation vor. Es sollen Indizien für Kriegsverbrechen sein, wie sie zuletzt im Kiewer Vorort Bucha begangen worden waren. Russische Soldaten unterhielten sich demnach über die Tötung von ukrainischen Zivilisten. Darüber, wie sie eine Person vom Fahrrad geschossen hätte, und dass gefangene ukrainische Soldaten zunächst befragt und dann erschossen würden.

Es kommt nicht oft vor, dass solche Erkenntnisse von Geheimdiensten an die Öffentlichkeit kommen. Wer den BND dazu anfragt, bekommt als Antwort meist eine Standardformulierung: „Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass sich der Bundesnachrichtendienst zu operativen Aspekten seiner Arbeit und etwaigen Erkenntnissen grundsätzlich nur gegenüber der Bundesregierung und den zuständigen geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages äußert.“

Doch etwas ändert sich derzeit in der Geheimdienst-Community. Der Ukraine-Krieg sorgt dafür, dass die sonst so verschwiegenen Dienste stellenweise erstaunlich offen mit ihren Informationen umgehen. Im Vorfeld des russischen Einmarsches wurden insbesondere die Einschätzungen und Prognosen von US-amerikanischen und britischen Geheimdiensten vielfach bewusst öffentlich gemacht – so umfangreich und detailliert wie selten zuvor. Nicht ohne taktische Überlegungen und Abwägungen. So manche erfahrenen Sicherheitsbeamten aber sehen Anzeichen für einen „nachrichtendienstlichen Kulturwandel“.

Die US-Dienste lagen bei den Vorhersagen eines russischen Angriffs auf die Ukraine durchaus richtig, sogar den genauen Zeitpunkt eines Einmarsches sagten sie ziemlich präzise voraus. Sie warnten vor Sabotage-Akten russischer Kräfte und vor Angriffen „unter falscher Flagge“, die möglicherweise einen Krieg provozieren sollten. Das britische Verteidigungsministerium wiederum twittert seit Wochen tägliche nachrichtendienstliche Lageeinschätzungen zur Situation in der Ukraine, über Russlands Verluste, militärische Erfolge und Niederlagen.

Die Informationsoffensive der Geheimdienste war anfänglich wohl von der Hoffnung geprägt, auf diese Weise einen Krieg vielleicht doch noch verhindern zu können – oder zumindest die Propaganda und Lügen des Kreml im Vorfeld zu entlarven. Innerhalb weniger Wochen wurde angesichts des drohenden Krieges die sonst übliche Verschwiegenheit zumindest teilweise aufgehoben.

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