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Öl, Geiseln und Antiquitäten

von Florian Flade

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Acht Millionen Menschen in Syrien und dem Irak leben unter der Herrschaft der Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS). Innerhalb einer Jahres haben die Dschihadisten ihr Einflussgebiet massiv ausgeweitet und dabei Großstädte, Militärbasen, Banken und Öl-Felder erobert. Entstanden ist ein bislang beispielloser Terror-Staat.

Peter Taylor, Terrorismus-Experte der BBC, geht in der neuen, sehenswerten Dokumentation „The World´s Richest Terror Army“ der Frage nach, wie sich der IS finanziert und weshalb es den Islamisten gelang ein derart großes Territorium an sich zu reißen.

Der Film, in dem sowohl britische, amerikanische und irakische Geheimdienstler, Militärs und Terrorismus-Experten als auch IS-Anhänger zu Wort kommen, beleuchtet ein vielschichtiges Finanzsystem, gespeist durch Steuerabgaben, Öl-Schmuggel, Geiselnahmen, dem Handel mit antiker Kunst und staatlichen Gehältern, die lange Zeit im IS-Gebiet immer noch an irakische Beamte ausgezahlt wurden.

Sehen Sie die Dokumenation von Peter Taylor hier:

http://www.bbc.co.uk/iplayer/episode/b05s4ytp/this-world-worlds-richest-terror-army

 

„Will euch einladen, die Kuffar zu schlachten“

von Florian Flade

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière fand klare Worte am vergangenen Donnerstag, als er das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin-Treptow besuchte. Er ließ sich dort von den Experten des Verfassungsschutzes, des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesnachrichtendienstes (BND) über radikale Islamisten informieren, die von Deutschland aus nach Syrien und in den Irak reisen. Und teilweise wieder zurückkehren.

„Wir müssen verhindern, dass diese radikalisierten Kämpfer ihren Dschihad erfolgreich in unsere Städte tragen“, sagte der Innenminister anschließend. Mehr als 450 Islamisten hätten Deutschland bereits verlassen, mit dem Ziel sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) anzuschließen. Tendenz steigend.

Wie real die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus ist, verdeutlicht ein am Montag aufgetauchtes Propagandavideo der IS-Dschihadisten. Darin ruft ein offenbar aus Deutschland stammender deutschsprachiger Islamist seine Glaubensbrüder hierzulande auf, die „Ungläubigen zu schlachten“.

Das Video, das am Montag auf einschlägigen Internetseiten auftauchte, zeigt wohl die Vorbereitungen zum muslimischen Opferfest Eid ul-Adha in der nordsyrischen Stadt Ar-Raqqah, die als Hochburg des Islamischen Staates gilt. Im Video taucht auch ein dunkelblonder junger Mann auf, der in perfektem Deutsch in die Kamera spricht.

„Meine lieben Geschwister im Glauben, ich bin hier im Kalifat Islamischer Staat, in der Region Rakka“, sagt der Dschihad-Kämpfer, dessen Name nicht genannt wird. „Wir haben uns heute hier versammelt, um die Schafe zu schlachten. Und ich will euch dazu einladen die Kuffar (Ungläubigen) zu schlachten im Dar ul-Kufr (bezeichnet nicht-muslimische Länder).“

Zudem seien alle Muslime dazu aufgerufen, sich dem Islamischen Staat anzuschließen, erklärt der Dschihadist. „Kommt alle her! Ich lade euch dazu ein, hier her zu kommen und die Kuffar zu schlachten!“

Der Aufruf zum Mord an „Ungläubigen“ in deren Heimatländern ist eine neue Qualität in der Propaganda des Islamischen Staates. Eine, vor der Behörden und Experten seit Wochen warnen. Europäische Staaten, die sich dem Kampf gegen die Terroristen verschrieben haben, geraten nun ins Visier der selbst ernannten Gotteskrieger.

Auch die Bundesrepublik droht nun zum Terrorziel zu werden. Die Unterstützung der Bundesregierung für die kurdischen Milizen im Nordirak, insbesondere durch Waffenlieferungen, könnte IS-Terroristen und ihre Sympathisanten hierzulande zu Gewalttaten anstacheln.

„Deutschland steht nach wie vor im Fokus des dschihadistischen Terrorismus“, erklärte am vergangenen Wochenende ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Nachfrage. Betonte allerdings, dass es derzeit keine Hinweise auf eine konkrete Anschlagsgefahr gebe.

Schüler einer Berufsschule in Wien erkannten inzwischen den blonden Dschihadisten aus der Videobotschaft. Es soll sich um den 16-jährigen Oliver N. handeln, der zum Islam konvertiert war und sich offenbar in kürzester Zeit radikalisiert hatte.

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Dieser Artikel erschien am 07. Oktober 2014 in Die WELT:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article132968809/Deutscher-Islamist-ruft-zur-Toetung-Unglaeubiger-auf.html

Deutscher Dschihadist verübte Anschlag in Kunduz

von Florian Flade

„Farooq der Deutsche“ starb im Einsatzgebiet der Bundeswehr. Der deutsche Islamist wird in einem neuen Propagandavideo als Märtyrer gefeiert. Er soll im vergangenen Jahr an einem Selbstmordattentat auf ein Büro von Entwicklungshelfern im nordafghanischen Kunduz verübt haben – und tötete dabei möglicherweise einen deutschen Wachmann.

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Mit einem neuen Propagandavideo feiert eine islamistische Terrorgruppe einen deutschen Dschihadisten, der offenbar bei einem Selbstmordanschlag im nordafghanischen Kunduz ums Leben kam. Die „Islamische Bewegung Usbekistans“ (IBU) präsentiert in dem 12-minütigen deutschsprachigen Video einen 21jährigen deutschen Islamisten names „Farooq der Deutsche“. Der junge Mann, der bislang in keinem terroristischen Propagandavideo zu sehen war, habe Deutschland vor etwa einem Jahr verlassen und sei ins pakistanische Waziristan gekommen, wo er sich der Terrororganisation angeschlossen habe.

„Unser Bruder Farooq verließ seine Heimat Deutschland um seinen Herren zu treffen“, schildert der Bonner Islamist Yassin Chouka im neuen Propagandavideo die Biografie des deutschen Terroristen, „Wenn die Feinde ihn erlebt hätten, sie würden es nicht wagen, sie würden sich davor hüten, ihn einen Terroristen zu nennen.“

„Farooq der Deutsche“ habe im nordafghanischen Kundus im Dschihad gegen die einheimischen und ausländischen Feinde gekämpft, behaupten seine ehemaligen Mitkämpfer. Anfang Juli 2010 habe der Deutsche schließlich an einer Märtyreroperation teilgenommen und sei dabei ums Leben gekommen.

„Bruder Farooq und drei weitere Mudschaheddin gingen nach Afghanistan, um ein CIA-Gelände im Zentrum von Kunduz anzugreifen“, erklärt ein deutscher Islamist im neuen Propagandafilm, „Sie stürmten zu viert das Gebäude, töteten zunächst die Wächter und vollzogen, einer nach dem anderen eine Märtyreroperation.“

„Farooq der Deutsche“ habe den eigentlich Angriff zunächst überlebt, sich unter einer der Leichen versteckt und per Handy seine Mitkämpfer kontaktiert um ihnen zu sagen, er wolle vor Ort den Märtyrertod sterben. „Nun liegen dort seine Körperteile, verstreut auf der vergänglichen Welt“, heißt es im Märtyrer-Video.

Im jetzt aufgetauchten Propagandavideo ist „Farooq der Deutsche“ nicht nur auf Fotos zu sehen, die ihn vor seinem angeblichen Tod zeigen, zusammen mit zwei kaukasischen und einem afghanischen Islamisten, die bei dem gleichen Anschlag ums Leben kamen. In einer Szene spricht der deutsche Islamist selbst vor der Kamera.

„Ich möchte einige Angelegenheiten ansprechen, die hier in Kunduz, Afghanistan, geschehen“, sagt der deutsche Dschihadist, „Wir haben hier erkannt, dass der Dschihad Pflicht geworden ist für alle Gläubigen. Meine lieben Brüder in Deutschland, es kann nicht sein, dass einige Mudschaheddin den Dschihad verrichten, und einige machen nichts und sitzen zu Hause.“

An den deutschen Bundeswehreinsatz in Afghanistan gerichtet sagt der deutsche Terrorist: „Wie könnt ihr damit zufrieden sein, dass das deutsche Militär hier in Kunduz einmarschiert und versucht die Muslime, die Gläubigen, zu bekriegen (…) Wir sind rausgegangen zum Dschihad, damit das Wort Allahs das höchste ist – nicht für Afghanistan, nicht für ein Land.“

Die islamistische „Islamische Bewegung Usbekistans“ (IBU) erläutert nicht näher, welches Attentat der deutsche Dschihadist verübte. Das genannte Datum lässt allerdings darauf schließen, dass „Farooq der Deutsche“ am 02.Juli 2010 bei einem Angriff auf das Büro der amerikanischen Hilfsorganisation „Organisation Development Alternatives Inc“ (DAI) in Kundus-Stadt beteiligt war. Bei diesem Anschlag starb neben den Angreifern, von denen zwei getötet werden konnten, noch bevor sie ihre Sprengstoff-Westen gezündet haben, auch ein 32jähriger deutscher Wachmann aus Schleswig-Holstein.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hielt sich gestern mit Informationen zu „Farooq“ zurück. Auf Nachfrage erklärte man mir: „Wir prüfen noch.“ Ob die Person, die sich hinter dem Kampfnamen verbirgt als Gefährder bekannt war, oder überhaupt auf dem Radar der Sicherheitsdienste erschien, bevor sie Deutschland verließ, bleibt daher zunächst unklar.

In den Reihen der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ (IBU) starben bislang mindestens drei islamistische Terroristen mit Deutschland-Bezug. Der Bonner Deutsch-Afghane Javad S. kam im Herbst 2009 in Pakistan bei Gefechten mit der pakistanischen Armee ums Leben. Shahab D. aus Hamburg und Bünyamin E. aus Wuppertal wurden im Oktober 2010 bei einem amerikanischen Drohnenangriff auf ein Haus im pakistanischen Stammesgebiet Nord-Waziristan getötet.

Weitere Mitglieder der IBU mit Deutschland-Bezug wurden in den vergangenen Jahren in Afghanistan und Pakistan festgenommen und warten derzeit in Deutschland auf ihren Gerichtsprozess.