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Der Bombenleger von Bonn

von Florian Flade

„Wir glauben, dass wir ihn haben. Wir können es ihm nur noch nicht nachweisen“, sagte mir ein BKA-Mann vor knapp einem Monat. Gemeint war der Bombenleger vom Bonner Hauptbahnhof. Seit nunmehr fast sechs Monaten jagt die „BAO Tasche“ des Bundeskriminalamtes nach jenem mysteriösen Unbekannten, der am 10.Dezember 2012 am Gleis 1 des Hauptbahnhofs in Bonn eine blaue Sporttasche deponierte, in der sich ein Sprengsatz befand. Die Bombe, bestehend aus einem mit Ammonium-Nitrat gefüllten Metallrohr, mehreren Gaskartuschen, Batterien, einem Plastikwecker und unzähligen Nägeln explodierte glücklicherweise nicht.

Drei Überwachungskameras hatten den Bombenleger gefilmt. Eine in einer McDonald´s-Filiale, zwei im Inneren des Bahnhofs. Zu sehen war ein bärtiger Mann mit Strickmütze und Handschuhen, beigefarbener Jacke, schwarzer Joggingshose und der blauen Sporttasche. Videoanalysen förderten keinen entscheidenden Treffer zu Tage.

War der Bombenleger ein radikaler Islamist? Ein Neonazis? Ein militanter Anarchist?

Zwei verdächtige Deutsch-Somalier, die von Augenzeugen gegenüber der Polizei erkannt worden sein sollen und als islamistische Sympathisanten galten, erwiesen sich schnell als unschuldig. Allgemein konnte die Person auf den Videos der Überwachungskameras keinem bekannten Extremisten irgendeiner Szene zugerechnet werden. Das BKA bat daher die Bevölkerung um Mithilfe bei der Jagd nach dem Bombenleger. Ohne Erfolg. Es gingen Hinweise ein. Keiner jedoch war für die Ermittlungsarbeit entscheidend.

Wichtiger waren die Experten des BKA. Sie nahmen den Sprengsatz in seine Einzelteile auseinander und begannen eine akribische Kleinarbeit. Fingerabdrücke, DNA-Spuren, jeder noch so kleine Hinweis könnte den Durchbruch bringen. Das BKA ging dabei früh der simplen Frage nach: Woher stammen die Bomben-Bestandteile?

Der Wecker, der offenbar als Zeitzünder fungieren sollte, war ein Massenprodukt. Die verwendeten Batterien, so konnte das BKA ermitteln, wurden in maximal 18 Filialen von „Aldi-Süd“, auch in Bonn, verkauft. Dort jedoch zehntausendfach. Die blaue Sporttasche wiederum war als eine Kombo zusammen mit einer Laptop-Tasche über den „Weltbild“-Verlag erhältlich. Wurde allerdings auch tausendfach bundesweit verkauft.

In der Tasche mit dem Sprengsatz stieß das BKA noch im Dezember 2012 auf ein Haar. Das erwies sich allerdings als wenig brauchbar. Nur dass der Bombenleger männlich war, aus Europa oder Nordamerika stammte und seine Haare gefärbt hatte, war klar. Die Videoaufzeichnungen aus dem Bahnhof waren ebenfalls nicht wirklich nützlich. BKA-Experten konnten anhand der Aufnahmen einzig feststelle, dass die verdächtige Person maximal circa 1,72 m groß.

Während die „BAO Tasche“ ihre Ermittlungen vorantrieb, setzte am 13.März in der Nähe von Leverkusen ein Sondereinsatzkommando der Polizei zwei radikale Salafisten fest. Die beiden Männer, der Konvertit Marco René G. und der Albaner Enea B., planten einen Mordanschlag auf Markus Beisicht, den Vorsitzenden der als rechtspopulistisch geltenden Splitterpartei „Pro NRW“.

Zeitgleich verhaftete die Polizei in G.´s Wohnung in Bonn-Tannenbusch den Deutsch-Türken Koray Nicholas D. und in Essen einen weiteren Salafisten, den 23-jährigen Tayfun S.. Die vier Männer, so die Erkenntnis der Ermittler, bildeten eine islamistische Terrorzelle. Schon seit Monaten hatten der Verfassungsschutz und das nordrhein-westfälische LKA das Salafisten-Quartett im Visier.

Der aus Oldenburg stammende Marco René G. lebt seit Juli 2011 in Bonn. Er wurde von den Ermittlern als möglicher Kopf der Gruppe identifiziert. Sie verwanzten sein Auto und beobachteten ihn und seine Glaubensbrüder bei Fahrten zu einschlägigen Moscheen in Bonn und Essen. Ursprünglich vermuteten die Ermittler, G. und die anderen planten womöglich Raubüberfälle. Schnell wurde klar: das eigentliche Ziel der Salafisten war die Ermordung von islamfeindlichen Politikern.

Marco René G. wohnte im Bonner Stadtteil Tannenbusch mit seiner Frau, einer Deutsch-Türkin, und dem gemeinsamen dreijährigen Sohn. Als die Polizei am 13.März die Wohnung am Memelweg stürmte, traf sich dort nur auf Koray D., der eine scharfe Waffe, Fabrikat „Ceska“, bei sich trug. Der 24-jährige Arabistik-Student aus Wülfrath setzte sich nicht zur Wehr und konnte festgenommen werden.

Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung fanden die Ermittler neben Gaspistolen, einer kugelsicheren Weste und einer Art „Todesliste“ mit neun Namen von Pro-NRW-Aktivisten, auch rund 600 Gramm Ammonium-Nitrat. Jener Sprengstoff, der auch vom Bonner Bombenleger im Dezember 2012 verwendet wurde. War es also durch einen Zufall gelungen, den Attentäter von Bonn festzunehmen?

Laboruntersuchungen ergaben, dass es sich um eine „ähnliche“ aber nicht dieselbe Substanz handelte, wie in der blauen Sporttasche am Bonner Hauptbahnhof. Könnte der Konvertit Marco G. dennoch etwas mit dem missglückten Anschlag vom Dezember 2012 zu tun haben?

Die Hinweise mehrten sich. Ermittler fanden beispielsweise eine Laptop-Tasche, die über den Versandhandel „Weltbild“ zusammen mit der blauen Sporttasche als Kombination verkauft wurde. Auch die Körpergröße von G. passt zu jenem Mann, den Überwachungskameras am Bonner Bahnhof gefilmt hatten. Für die Tatzeit soll der Salafist zudem kein Alibi haben.

Beweise sind all dies jedoch nicht. Die sollen vor kurzem die Laboranten der Kriminaltechnischen Untersuchung des BKA geliefert haben. Wie das Nachrichtenmagazin „Stern“ berichtet fanden die Spezialisten auf dem Metallrohr, das im Sprengsatz von Bonn verwendet wurde, DNA einer männlichen Person. Sie stimmt zwar nicht mit Marco René G. überein, gehört aber zu einer Person, die eng mit dem Salafisten verwandt sein soll – seinem dreijährigen Sohn. Auf dem Plastikwecker aus der Bombe fand sich außerdem eine weibliche DNA-Spur, die zu G.´s Ehefrau führt.

Noch lauten die Vorwürfe der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe gegen Marco René G. und vier Komplizen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“, „Verabredung zum gemeinschaftlichen Mord“, „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Tat“ und „Verstoß gegen das Waffengesetz“.

Bald nun dürfte der misslungene Terroranschlag vom Dezember 2012 hinzu kommen.

 

German Al-Qaida Terrorist Killed in Afghanistan

by Florian Flade

Bekkay Harrach („Abu Talha“) – Al-Qaida´s German Spokesman

„Since 1993 my greatest wish is to blow myself up for Allah“ – the masked man says in perfect German, holding a RPG-launcher in his hands. That´s the scene that shocked Germany in January 2009 when a German national of Moroccan origin appeared for the first time in an al-Qaida propaganda tape threatening terror attacks in Germany. The German al-Qaida man was known to security officials. He was born in Morocco in 1977, came to Germany with his family in 1981 and grew up in Bonn-Tannenbusch, a neighborhood of the former German capital many immigrants moved into and created large Muslim communities.

Bekkay Harrach known as „Abu Talha the German“ graduated from school, became a German citizen in 1997 and had close contacts to those attending notorious King Fahd-Acadamy, a Saudi education centre created for the children of Arabian diplomats in Bonn. Harrach´s religious ambitions grew. He gave lectures, invited young Muslims into his apartment for prayer and talks.

In 2002 Harrach enlisted at Koblenz University to study mathematical economics and laser technology. Due to bad results he was expelled from university two years later and started to work in a callshop in the Tannenbusch neighborhood. To friends and neigbours Harrach was known as a friendly guy, always caring about looking well-dressed. Regularly he attended so-called „Islam Seminars“, Salafi events in different places in Germany, where Harrach became a popular speaker.

While he was a student in Koblenz, Harrach travelled to Palestinian Westbank in summer 2003. Near Hebron he was injured during clashes with Israeli soldiers who arrested the German national. Thanks to German authorities, Harrach was extradited to Germany after a short time. His clothes and other belongings were bloodsoaken when he returned to Germany.
In 2004 he again went on Jihad-vacation, this time to Iraq where he came in contact with terror networks and possibly fought against coalition troops.

Upon his return to Germany, Harrach travelled to Syria. Security forces arrested the suspected Jihadi terrorists when he entered the country. Bekkay Harrach was held in Syrian custody for a few weeks till German authorities again negotiated his release. Later the Jihadi thanked the German government for their help in getting him out of Israeli and Syrian prison.

Shortly after Harrach returned from Syria, German intelligence tried to recruit him as an informant of the Islamist community. Harrach refused to work for the police. He wanted to join al-Qaida and move to the Afghan-Pakistani tribal region. Meanwhile he had married a German-Polish woman named Elisabeth who had converted to Islam. She never left home without being fully covered. Harrach´s wife became pregnant but had a miscarriage. The unborn son died. His name the couple had chosen was Talha. Harrach therefore called himself „Abu Talha“ since then.

Aleem Nasir, a convicted al-Qaida supporter, recruited Harrach for al-Qaida and sent him to Pakistan in 2007. Via Iran Harrach reached the Pakistani tribal area of Waziristan and rose quickly in the hierarchy of the terror netzwork. During this time he was in touch with his family in Bonn via e-mail and phone. His wife had given birth to a son, a boy named Hamza. Both, mother and child left Germany in May 2008 for Waziristan and joined with Bekkay Harrach in Waziristan.

One year later Bekkay Harrach threatened Germany with bloody al-Qaida terror. He appeared in a German-language As-Sahab video titled „Rettungspaket für Deutschland“ and talked about how Germans can safe themselves from terror by voting for a party that would withdraw the German military from Afghanistan.

In September of 2009, just before the Parliamentary Elections, Harrach was featured again in a propaganda time, this time unmasked, dressed in a tie and suite. Slowly and confident „Abu Talha the German“ talked about how the outcome of the coming elections would effect al-Qaida´s decision to attack Germany. A few days later al-Qaida´s As-Sahab Media released two more Harrach tapes which were produced some time ago and not directly related to the terror threats.

Now Bekkay Harrach, the German who threatened Germany, is dead. A German communique released by the „Islamic Movement of Uzbekistan“ (IMU) confirms the rumors of Harrach´s death in 2010. Mounir Chouka, another German Jihadi from the city of Bonn, tells in the document that „Abu Talha“ died fighting in Afghanistan. It is reported the German-Moroccan was killed when he led a group of twenty fighters of al-Qaida, Tehrik e-Taliban and IMU in an assault on the US-Military base Bagram.

„Our friend Bekkay from Bonn, alias Abu Talha, the fierceless preacher, that threatened the whole of Germany, died in this operation the martyr´s death“, the communique reads.“ A video of the assault on Bagram will soon be released by As-Sahab Media and IMU´s media wing. Further the documents states Bekkay Harrach is „another martyrs who has written German Jihadi-History in this region, a brother whom we call a role-model to all the scholars in Germany.“

Rumors about Harrach´s death circulated in September last year. German authorities investigated reports the German al-Qaida member died in a US drone strike in Afghanistan. This information was never confirmed, neither by German officials nor by al-Qaida.