„Weil ich Osama Bin Laden liebe“

von Florian Flade

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Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein solches Video auftauchen würde. Ein deutscher Islamist ruft seine Glaubensbrüder in Deutschland auf, nach Syrien zu reisen, um sich dem „Heiligen Krieg“ anzuschließen. Der Mann nennt sich „Abu Osama“ und ist zum Islam konvertiert. Mit Kalaschnikow sitzt er vor der Ruine eines Hauses irgendwo in Syrien und wirbt für Al-Qaida, den Kampf gegen das Assad-Regime und den Märtyrertod.

Das islamistische Propagandavideo, in dem „Abu Osama“ zu sehen ist, liegt der „Welt“ vor. Veröffentlicht hat es die Terrorgruppe „Islamischer Staat im Irak und Levant“, ein Ableger des Al-Qaida-Netzwerkes, auf einschlägigen Internetseiten.

„Mein Name ist Abu Osama, ich komme aus Deutschland. Und ich bin vor circa vier Jahren Muslim geworden“, sagt der islamistische Kämpfer. „Ich bin nach Syrien ausgewandert, um das Wort meines Schöpfers das höchste zu machen (…) Ich habe mich der Karawane des Dschihads angeschlossen.“

Weiter erklärt der Konvertit, es sei Pflicht für die Muslime in Deutschland nach Syrien auszuwandern und dort in den Dschihad zu ziehen. „Bruder und Schwester, macht die Auswanderung in den Dschihad. Der Dschihad ist Pflicht. Beteilige dich am Dschihad“, so „Abu Osama“. „Sag nicht, wir sind Terroristen. Wer sind Terroristen? Die Amerikaner sind die Terroristen!“

Und anschließend liefert der selbsternannte Dschihadist auch noch eine Begründung für die Wahl seines Kampfnamens: „Warum habe ich mich Abu Osama genannt? Weil ich Osama Bin Laden liebe. Warum? Er hat den Köpfen der Ungerichtigkeit einen Schlag verpasst!“

In deutschen Sicherheitskreisen wird das Video aus dem syrischen Bürgerkrieg derzeit von Experten des Verfassungsschutzes geprüft. Ihr primäres Ziel ist es, die Authentizität der Aufnahme festzustellen und die Identität des Dschihadisten herauszufinden.

Sollte der Konvertit tatsächlich für die syrische Al-Qaida kämpfen, wäre das Video der erste Beleg für einen Deutschen in den Reihen der Terrororganisation.

Bereits seit Jahresanfang warnt der Verfassungsschutz regelmäßig vor einem wachsenden Strom radikaler Islamisten aus Deutschland, die nach Syrien reisen, um sich dort am bewaffneten Kampf gegen das Assad-Regime zu beteiligen.

„Weit über 210 Leute, die wir kennen, sind nach Syrien gegangen. Das Dunkelfeld kennen wir nicht“, sagte Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, noch im Oktober. Rund 60 Prozent der ausgereisten Islamisten seien deutsche Staatsbürger. Einige von ihnen sollen noch minderjährig sein.

In Einzelfällen konnten Sicherheitsbehörden die Ausreisen von besonders gefährlichen Islamisten in den syrischen Bürgerkrieg verhindern. Der Mehrheit der Dschihad-Reisenden allerdings gelang es problemlos, über die Türkei in das Kriegsgebiet zu gelangen.

Der Aufenthalt in Syrien, so die Sorge der Sicherheitsbehörden, könnte einige Islamisten zusätzlich radikalisieren. Es sei kaum nachvollziehbar, wer sich welcher Gruppierung angeschlossen hat und wer eine paramilitärische Ausbildung an Waffen und Sprengstoff erhalten hat.

„Wir wissen, dass einige deutsche Islamisten alles daran setzen, in die Al-Qaida aufgenommen zu werden“, sagt ein Ermittler. „Wir wissen aber auch, dass die Terrorgruppen sehr misstrauisch sind, was Kämpfer aus dem Westen angeht.“

Die Rückkehrer aus dem syrischen Dschihad seien ein nicht zu unterschätzendes Risiko, warnen Verfassungsschützer. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Leute auch Anschläge in Deutschland begehen wollen“, so ein Verfassungsschützer. Deshalb habe man die Rückkehrer besonders im Blick.

Mindestens acht Islamisten aus Deutschland sollen bislang in Syrien getötet worden sein, mutmaßt der Verfassungsschutz. Bei einigen gibt es dafür hinreichende Hinweise. Etwa bei Burak Karan, einem ehemaligen Fußballprofi aus Wuppertal. Der 26-jährige Deutsch-Türke spielt einst in der U-17 Nationalmannschaft an der Seite von Kevin-Prince Boateng und Sami Khedira.

Nachdem er seine Fußball-Karriere durch eine Verletzung beenden musste, wandte sich Karan offenbar verstärkt dem Islam zu. Er geriet in islamistische Kreise in Nordrhein-Westfalen und radikalisierte sich zunehmend. Irgendwann Anfang des Jahres reiste Burak Karan schließlich samt Ehefrau und seinen beiden Söhnen nach Syrien aus. Um den notleidenden Menschen zu helfen, sagt sein Bruder.

In einem Internetvideo feiern Islamisten den deutschen Ex-Fußballprofi inzwischen als Märtyrer. Am 11.Oktober starb Burak Karan alias „Abu Abdullah at-Turki“ bei einem Angriff der syrischen Luftwaffe nahe der Stadt Azaz. „Nun ist er bei seinem Herrn. Möge Allah ihn akzeptieren“, heißt es in dem Video über Karan.

Der Tod von Burak Karan und der anderen im syrischen Bürgerkrieg, scheint keine abschreckende Wirkung auf junge Islamisten aus der Bundesrepublik zu haben. Auch in den vergangenen Wochen sollen wieder Personen nach Syrien ausgereist sein. Unter ihnen Jugendliche, die sich innerhalb weniger Wochen radikalisiert haben sollen. Ein Staatsschützer warnt: „Bei manchen geht es quasi vom Schulhof direkt in den Dschihad.“

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