Monatsarchiv: November 2023

Der BND und der Höllenhund

Im Kalten Krieg startete die Bundeswehr ein streng geheimes Rüstungsprojekt mit Israel. Es ging um die Entwicklung eines Abwehrsystems für Kampfflugzeuge. Das Vorhaben kostete Milliarden und wurde gegenüber dem Bundestag verheimlicht. Zuständig für die Verschleierung war der BND.

Von Florian Flade

Wenn du den Frieden willst, so lautete ein Sprichwort aus dem alten Rom, dann bereite den Krieg vor. Eine Empfehlung, die heutzutage wieder an Aktualität gewinnt. Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden, hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine kürzlich gefordert. Die Bundeswehr müsse im Ernstfall „kriegsfähig“ sein, um das Land verteidigen zu können.

Doch tatsächlich gab es in den vergangenen Jahrzehnten auch in Deutschland durchaus jene, die den Krieg vorbereitet haben. Die in Planspielen die Szenarien einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen NATO und Warschauer Pakt entworfen haben. Sie wollten eine Bundeswehr, die in der Lage war, Krieg zu führen. Und haben dafür Rüstungsprojekte in Milliardenhöhe in die Wege geleitet.

Eines dieser Projekte trug den griffigen Namen „CERBERUS“, benannt nach dem dreiköpfigen Höllenhund aus der griechischen Mythologie. Jenem Fabelwesen, das die Pforte zur Unterwelt bewacht. In der echten Welt war CERBERUS ein rund drei Meter langer, röhrenförmiger Gegenstand, vom Aussehen her einer Rakete ähnlich. Er wurde an die Unterseite der Tragflächen eines Kampfflugzeuges montiert, allerdings nicht um abgefeuert zu werden. 

CERBERUS sollte den Jet vor feindlichem Radar schützen, es handelt sich um einen Stör- und Täuschsender. Mit ihm sollten die Kampfflugzeuge vom Typ Tornado in die Lage versetzt werden, im Kriegsfall in sowjetischen Luftraum eindringen zu können, ohne dabei vom gegnerischen Radar- und Feuerleitssystem der Flugabwehr erfasst zu werden.

Was sich vermeintlich banal anhört, war tatsächlich ein ziemlich kompliziertes technisches Unterfangen. Die Entwicklung und Produktion des Störsenders hat sehr viel Geld verschlungen und viele Jahre gedauert. CERBERUS wuchs zu einem komplexen, äußerst kostspieligen Rüstungsprojekt heran, das unter strengster Geheimhaltung geführt wurde. So geheim, dass der deutsche Bundestag nichts davon wusste, und selbst im Bundesverteidigungsministerium nur einige wenige Eingeweihte den Überblick über diese umstrittene Anschaffung hatten.

Diese Geheimniskrämerei sorgte schließlich auch dafür, dass das skandalträchtige Bundeswehr-Projekt auf den Prüfstand kam: Eine interne Revision sollte herausfinden, wer welche Genehmigungen erteilt und Gelder freigegeben hatte, ob die Kosten überhaupt in irgendeiner Relation zum Nutzen standen – und welche Rolle der Bundesnachrichtendienst (BND) eigentlich in der Sache spielten.

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Spionage-Krise in Dänemark

Der Chef des dänischen Auslandsgeheimdienstes wurde monatelang überwacht, abgehört und dann festgenommen. Er soll, ebenso wie der Ex-Verteidigungsminister, geheime Informationen über die Zusammenarbeit mit der NSA verraten haben. Jetzt wurden die Verfahren eingestellt. Was war passiert?

Von Florian Flade

Es kommt nicht oft vor, dass der Chef eines europäischen Geheimdienstes festgenommen wird. Am frühen Morgen des 08. Dezember 2021 aber passierte genau das am Flughafen Kopenhagen. Der Mann, der von Polizeibeamten kurz nach seiner Ankunft abgeführt wurde, war Lars Findsen, der Leiter des dänischen Militär- und Auslandsgeheimdienstes Forsvarets Efterretningstjeneste (FE). Er wurde wegen des Verdachts der Offenbarung von Staatsgeheimnissen verhaftet, einem Vorwurf der Landesverrat gleich kommt.

Findsen war monatelang von den Ermittlern des dänischen Inlandsgeheimdienstes PET, den er früher selbst mehrere Jahre geleitet hatte, überwacht worden. Auf Schritt und Tritt hatten sie ihn überwacht, seine Wohnung verwanzt, ebenso sein Ferienhaus und sein Auto. Über viele Stunden hatten die Ermittler heimlich seine Gespräche belauscht, auch mit seinen Kindern, seiner Mutter und anderen Familienmitgliedern.

Der Leiter der dänischen Auslandsspionage, so der Verdacht, soll eines der wohl am besten gehüteten Geheimnisse des Landes an Unbefugte verraten haben: Die Zusammenarbeit zwischen dem FE und dem US-Abhördienst NSA zur Überwachung von europäischer Telefon- und Internetkommunikation.

Kurz nach der Verhaftung von Lars Findsen bekam ein weiterer Vertreter der dänischen Sicherheitscommunity unerwarteten Besuch von der Polizei. Der heute 76-jährige Claus Hjort Frederikson war von 2016 bis 2019 Dänemarks Verteidigungsminister, und damit auch Fachaufsicht über den Auslandsgeheimdienst FE. Nun standen Beamte vor seinem Haus und teilten ihm mit, dass ihm ebenfalls Hochverrat vorgeworfen werde. Frederikson, damals noch Abgeordneter im dänischen Parlament, solle Staatsgeheimnisse gegenüber den Medien öffentlich gemacht haben, hieß es.

Der Spionagechef und der Ex-Verteidigungsminister standen im Fokus der dänischen Justiz. Beiden drohte eine Gefängnisstrafe von bis zu 12 Jahren. Der Straftatbestand, der Findsen und Frederikson vorgeworfen wurde, war in Dänemark zuletzt 1979 gegen einen Agenten der DDR-Staatssicherheit zur Anwendung gekommen.

Zwei Jahre später ist klar: Es wird wohl keine Prozesse gegen die beiden Dänen geben. In der vergangenen Woche verkündete die Staatsanwaltschaft überraschend, dass die Vorwürfe gegen Findsen und Frederikson fallen gelassen und die Verfahren eingestellt worden seien.

Was war passiert?

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Im Visier der Mullahs

Iranischer Staatsterrorismus ist kein historisches Phänomen, sondern längst wieder Realität. Weltweit wurden in den vergangenen Jahren Anschläge durch iranische Agenten, Auftragsmörder oder Sympathisanten des Mullah-Regimes verhindert – oder verübt. Auch in Deutschland.

Von Florian Flade

Anfang September, wenige Wochen vor dem Massenmord der Hamas-Terroristen in Israel, hielt David Barnea einen Vortrag an der Reichmann-Universität von Herzeliyah. Der Direktor des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad tritt selten in der Öffentlichkeit auf. Und wenn, dann es geht es meist mit einer unmissverständlichen Warnung einher. So wie bei jener Sicherheitskonferenz.

Alleine im vergangenen Jahr, so erzählte Barnea, habe Israel mit seinen Verbündeten insgesamt 27 Anschläge weltweit gegen jüdische und israelische Ziele verhindert. „Diese Anschlagspläne, die von diesen Zellen vorangetrieben wurden, wurden orchestriert, gelenkt und gesteuert vom Iran“, machte Barnea klar. Während er dies erzähle, so der Mossad-Chef, versuche Iran weitere Attentate zu verüben.

Die mögliche Rolle des iranischen Regimes bei den Terrorangriffen in Israel am 07. Oktober ist bislang noch unklar. Ersten Medienberichten zufolge sollen westliche Dienste davon ausgehen, dass Teheran zumindest nicht in allen Details eingeweiht war, womöglich aber bei der Ausbildung der palästinensischen Terroristen und der konkreten Vorbereitung geholfen hat.

Israelische Sicherheitsbehörden warnen indes seit Jahren davor, dass das Mullah-Regime seine Bemühungen verstärkt, auch außerhalb des Nahen Ostens Angriffe auf israelische, amerikanische, vor allem jüdische Ziele, zu verüben. Der iranische Staatsterrorismus erlebt ein Comeback und ist kein Relikt mehr früherer Jahre, als Oppositionelle nach der islamischen Revolution von Ayatollah Khomeini den langen Arm Teherans und seiner Helfer auch im Exil fürchten mussten, wie etwa beim „Mykonos Attentat“ in Berlin im September 1992. Und dennoch findet dieser Terrorismus in der Öffentlichkeit zumindest hierzulande erstaunlich wenig Beachtung.

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