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Austro-Dschihadist Mahmoud in Syrien

von Florian Flade

pic041114Mohamed Mahmoud wohl in Raqqa, Syrien

Wohlgenährt und mit einem verschmitzten Grinsen blickt Mohamed Mahmoud in die Kamera. Er trägt den Pakul, die traditionelle Wollmütze der Paschtunen, und eine Militärjacke mit Tarnmuster. Hinter ihm liegen Leichen, enthauptet und halb entkleidet. Entstanden sind die Fotos wohl vor wenigen Tagen. Aufgenommen in der nord-syrischen Stadt Raqqa, der inoffiziellen Hauptstadt des sogenannten „Islamischen Staates“.

Mohamed Mahmoud, in Wien geborener Sohn ägyptischer Einwanderer, gilt als einer der meistgesuchten Islamisten Europas. Der Österreicher hat eine Odyssee hinter sich. Er zog von Wien nach Berlin, wo er die inzwischen verbotene Salafisten-Gruppierung „Millatu Ibrahim“ ins Leben rief.  Kurze Zeit später zog er ins nordrhein-westfälische Solingen, später nach Erbach in Hessen. Als ihm das hessische Innenministerium im Frühjahr 2012 mit Abschiebung drohte setzte sich der Extremist nach Ägypten ab, anschließend nach Libyen. Auf seinem Weg nach Syrien war Mahmoud schließlich im März 2013 in der Türkei festgenommen worden. Bis vor wenigen Wochen befand er sich dort in Polizeigewahrsam.

Österreichische Sicherheitsbehörden rätselten jüngst über den Verbleib des radikalen Islamisten. Türkische Behörden hatten den Wiener Extremisten nach eigenen Angaben im August nach über einem Jahr Haft auf freien Fuß gesetzt. Mahmoud war im März 2013 bei der Einreise in die Türkei festgenommen worden. Nicht aufgrund seiner dschihadistischen Überzeugung, sondern wegen eines gefälschten libyschen Passes. Seitdem saß der österreichische Islamist in einem Gefängnis in Konya. Auslieferungsgesuche der österreichischen Justiz lehnte die Türkei konsequent ab. Mahmoud konnte sich im sogenannten „Anhaltelager“ relativ frei bewegen, sogar Internetzugang wurde ihm gewährt.

Anfang Oktober schließlich meldeten Dschihadisten über Twitter, dass Mohamed Mahmoud alias „Abu Usama al-Gharib“ aus der Haft entlassen worden sei und sich nun in Syrien aufhalte. In den Reihen der Terrororganisation „Islamischer Staat“. „Großartige Zeichen!“, schrieb ein Extremist. „Abu Usama al-Gharib ist einer von 200 Soldaten des Islamischen Staates, die aus dem türkischen Gefängnis freigelassen wurden!“

Gegenüber SPIEGEL Online erklärten türkische Behörden,  Mahmoud sei am 19. August freigelassen worden, da die maximale Haftdauer wegen seines Visavergehens abgelaufen sei. Der Österreicher sei in ein Hotel gebracht worden und habe Auflagen erhalten, sich regelmäßig bei den Behörden zu melden.

In europäischen Sicherheitskreisen wird diese Version der Freilassung allerdings stark angezweifelt. Von einem Gefangenenaustausch ist die Rede, einem Deal zwischen der türkischen Regierung und der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS).

Die Dschihadisten hatten im Juni im irakischen Mossul das türkische Konsulat überfallen. Dabei nahmen sie 46 Türken und drei irakische Angestellte als Geiseln. Für 101 Tage waren die Konsulatsmitarbeiter in der Hand der Terroristen. Am 29. September schließlich kamen sie unbeschadet frei. Auf diplomatischen Wegen sei die Freilassung verhandelt worden, hieß es aus Ankara.

Die Times of London berichtet jedoch unter Berufung auf geheime Unterlagen, dass es hinter den Kulissen eine zu einer Absprache zwischen der Türkei und den IS-Terroristen gekommen sei. Im Gegenzug für die Geiseln von Mossul sollen türkische Behörden mehr als 180 Dschihadisten freigelassen haben , darunter zahlreiche Europäer wie Mohamed Mahmoud oder die Briten Shabazz Suleman und Hisham Folkard.

Schrittweise seien die Islamisten auf freien Fuß gesetzt worden, heißt es aus europäischen Sicherheitskreisen. Und nach und nach reisten viele von ihnen über die Grenze nach Syrien, wo sie sich dem „Islamischen Staat“ anschlossen.

pic041114_2Die „Hochzeitskarte“ von Mohamed Mahmoud

Der Wiener Mohamed Mahmoud soll sich inzwischen in Raqqa aufhalten und eine IS-Anhängerin geheiratet haben. „Abu Usama Al-Gharib und unsere Schwester Ahlam al-Nasr haben heute in Raqqa geheiratet“, twitterte ein Islamist vor wenigen Wochen. Al-Nasr gilt als Propagandistin des IS. Sie veröffentlichte mehrere Gedichte und ein Buch zum Thema „Der Islamische Staat und der Medienkrieg“.

Ausgewandert – Neues Nashid von „Deso Dogg“

von Florian Flade

Seit Monaten gab es kein Lebenszeichen mehr von Denis Cuspert. Der Berliner Ex-Rapper, ehemals bekannt als „Deso Dogg“, war im Juni aus Deutschland ausgereist – trotz Beobachtung durch deutsche Sicherheitsbehörden und Ermittlungen von Seiten der Justiz. Es gelang dem bekennenden Islamisten sich nach Ägypten abzusetzen.

In Sicherheitskreisen kursierten seitdem Gerüchte über den Verbleib des aus Berlin-Kreuzberg stammenden Extremisten. Womöglich sei Cuspert bei einem Unfall in Nordafrika ums Leben gekommen, hieß es. Dann gab es Hinweise, der Ex-Rapper könnte versuchen sich nach Syrien durchzuschlagen, um sich dort an Kampfhandlungen zu beteiligen. Nichts davon bestätigte sich.

Jetzt bricht Denis Cuspert sein Schweigen. Unter seinem islamischen Namen „Abu Talha al-Almani“ wurde in der vergangenen Nacht ein neues Kampflied mit dem Titel „Wir sind ausgewandert“ veröffentlicht. Darin besingt der Islamist die Migration im Namen Allahs, Dschihad und Märtyrertod.

„Wir sind ausgewandert in die Welt auf dem Weg Allahs, Allahs Wort das Höchste und die Scharia!“. Weiter heißt es: „Die schwarzen Flaggen heben wir und reiten in die Schlacht, nach Jerusalem zur Befreiung unserer Heiligen Stadt!“

Veröffentlicht wurde das neue Lied, sowohl in Video- als auch in MP3-Format, unter den Labels gleich zweier islamistischer Medienorganisationen. Die „Globale Islamische Medienfront“ (GIMF) stellte die Aufnahme ins Netz. Auf den Werbebannern aber prangt das Logo von „Millatu-Ibrahim“, jener islamistischen Gruppierung die Cuspert einst zusammen mit dem Österreicher Mohammed Mahmoud („Abu Usama al-Gharib“) ins Leben gerufen hatte, und die im Juni durch das Bundesinnenministerium verboten wurde.

Mohammed Mahmoud, so heißt es in Sicherheitskreisen, arbeite seit seiner Auswanderung im Mai fieberhaft an einer Neuorganisation von „Millatu-Ibrahim“ in Nordafrika. Er plante offenbar die Errichtung eines deutschsprachigen Medienzentrums für den Dschihad in Libyen. Unterstützung erhält der Islamist dabei von mehreren Salafisten die nach dem „Millatu-Ibrahim“-Verbot aus Deutschland ausgereist sind.

Bis zu 50 Salafisten wanderten seit Jahresanfang nach Ägypten aus. Einige von ihnen meldeten sich bei arabischen Sprachschulen an, andere wiederum folgten offenbar gezielt den Aufrufen von Mohammed Mahmoud. Die Befürchtung der Sicherheitsbehörden: Ägypten muss nicht Endstation für jene Islamisten aus Deutschland sein. Womöglich reisen einige Personen weiter in Konfliktgebiete wie Syrien, Jemen oder Mali.

„Übt Rache für den Gesandten!“

von Florian Flade

Recht unscheinbar blinkt der Werbebanner in den arabischen Internetforen der Al-Qaida & Co.. Er ist leicht zu übersehen, wäre da nicht der Text in deutscher Sprache: „Abrechnung mit Deutschland“.

Seit einigen Tagen kursiert eine achtseitige Propagandaschrift mit diesem Titel in diversen Dschihad-Foren. Veröffentlicht wurde sie von der „Global Islamischen Medienfront“ (GIMF), einem islamistischen Medienlabel, das seit Jahren immer wieder Propaganda für den „Heiligen Krieg“ macht. In mehreren Sprachen, in Video- und in Textform.

GIMF hat sich in erster Linie auf eines spezialisiert: die Übersetzung von arabischer Original-Propaganda. Diesmal aber ist es anders. „Abrechnung mit Deutschland“ ist ein deutschen Papier, verfasst von einem angeblich deutschen Autoren namens „Abu Assad al-Almani“.

Das Dokument ist im Prinzip nichts anderes als eine Lizenz zum Töten in PDF-Format. Der Verfasser behauptet, der Schauspieler, der in dem umstrittenen Mohammed-Video „Unschuld der Muslime“ den Propheten spielt, sei ein Deutscher. Grund genug die gesamte deutsche Bevölkerung ins Visier zu nehmen.

“Diese wertlosen Halbaffen, welche es nicht mehr verdient hatten, am Leben gelassen zu werden, beleidigten (…) zum wiederholtem Male unseren geliebten Propheten Muhammad
Neben den hässlichen Karikaturen wurde nun schließlich durch die Hände der Amerikaner ein Film gedreht, in welches diese Schweine sich über unseren geehrten Propheten lustig machten und ihn beleidigten. Derjenige, der unseren edlen Gesandten spielte war ein Deutscher…

Lasst euer Ziel diesen deutschen Schauspieler dieses Filmes sein, der die Rolle unseres edlen Gesandten spielte. Die Pro-NRW, die unseren geliebten Propheten in Karikaturen belustigten. Und jene Politiker, welche die Genehmigung für das zeigen dieser Karikatur guthießen und erlaubten. Und jene Mitbürger, die sie darin unterstützen, egal wer sie sind.
Ihr Blutvergießen bzw. ihre Tötung soll eine besondere Wichtigkeit in den Herzen jener haben, die darauf brennen den Gesandten Friede und Segen auf ihn) zu rächen, und die darauf brennen nach dem Wohlgefallen ihres Herrn zu streben.”

Experten von Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt haben die Hassschrift inzwischen ausgewertet. Ihr primäres Ziel: die Gefahr einzuschätzen, die von dem brisanten Papier ausgeht. Und die Urheberschaft festzustellen.

Bislang seien keine konkreten Anschlagspläne zu verzeichnen, heißt es von Seiten des BKA, die Gefährdungslage sei weiter abstrakt und konstant hoch. Deutschland sei immer noch im Visier radikaler Islamisten.

Das Satire-Magazin „Titanic“ hat für die Oktober-Ausgabe ein provokantes Titelblatt angekündigt. Das Titelfoto der Ausgabe, die am Freitag erscheinen soll, zeigt den Propheten Mohammed an der Seite von Bettina Wulff. Die Schlagzeile lautet „Auch das noch: Bettina Wulff dreht Mohammed-Film“.

In Sicherheitskreisen ist die Rede vom „Arid U.-Szenario“. Wie der Kosovare Arid U. im März 2011, so könnten sich weitere islamistische Einzeltäter motiviert fühlen, Anschläge zu verüben. Vielleicht auf Politiker und Anhänger der „Pro-Bewegung“, eventuell auf Vertreter der Medien oder der Sicherheitsbehörden.

Intern gehen die Sicherheitsbehörden davon aus, dass „Abrechnung mit Deutschland“ nicht in Deutschland, sondern in Ägypten entstand. Der Verfasser wird am Nil vermutet und soll eine Person aus dem salafistischen Spektrum sein, die vor kurzem in das arabische Land ausgewandert ist. Der Islamist versucht nun Glaubensbrüder hierzulande zu Mordanschlägen und Attentaten anzustacheln.