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Islamistische Horrorshow

von Florian Flade

Die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ hat ein bislang beispielloses Hinrichtungsvideo veröffentlicht. Darin zu sehen ist auch ein französischer Extremist.

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Le Bosc-Roger-en-Roumois ist ein kleiner, beschaulicher Ort mit rund 3000 Einwohnern in der Normandie. In einem unscheinbaren hellbeigen Wohnhaus lebt Familie Hauchard. Als die Eltern am Montagabend nach Hause kamen, standen Beamte der Gendarmerie vor dem Grundstück. Sie schirmten die Hauchards vor der angerückten Presse ab.

Nichts ist mehr wie vorher in Le Bosc-Roger-en-Roumois. Und der Grund dafür heißt Maxime Hauchard. Der 22-jährige Franzose wuchs hier auf, konvertierte mit 17 Jahren zum Islam und radikalisierte sich zu einem gewalttätigen Extremisten. Vor drei Jahren reiste Hauchard erstmals nach Nordafrika. In Mauretanien besuchte der Konvertit zum Religionsstudium salafistische Koranschulen. Nach seiner Rückkehrer steigerte er sich immer stärker in den Fundamentalismus hinein. Und verschwand urplötzlich.

Am vergangenen Sonntag tauchte Maxime Hauchard wieder auf. In einem Video, das die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) im Internet veröffentlichte. Der Film mit dem Titel „Auch wenn es den Ungläubigen nicht gefällt“ ist eine Mischung aus blutigstem Splatter-Movie und hochprofessioneller Kameraarbeit im Dokumentar-Stil. Zu sehen sind mehr als ein Dutzend IS-Dschihadisten, die gefangene syrische Soldaten enthaupten. Einer der Mörder ist der Franzose Maxime Hauchard.

Das 15-minütige Video der IS-Propagandaabteilung „Al-Furqan“ zeigt in einer bislang wohl beispiellosen Folge von Kameraschnitten, Zeitlupen-Aufnahmen, Schärfen und Unschärfen die grausame Hinrichtung von achtzehn syrische Soldaten, darunter wohl auch Angehörige der Luftwaffe. Die Männer werden von uniformierten IS-Kämpfern aufgereiht. Dabei laufen die Dschihadisten mit ihren Gefangenen an einem Messerblock vorbei, aus dem sich jeder Islamist ein schwarzes Kampfmesser herauszieht. Anschließend stellen sich die IS-Terroristen hinter den am Boden knieenden Soldaten auf.

Ein maskierter Dschihadist mit britischem Akzent, bei dem es sich wohl um den sogenannten „Jihadi John“ handelt, der bereits die US-Journalisten James Foley und Steven Sotloff, sowie den schottischen Entwicklungshelfer Alan Henning vor laufender Kamera geköpft haben soll, spricht. „An Obama, den Hund von Rom“, sagt der Terrorist. „Heute schlachten wir die Soldaten von Baschar (al-Assad). Und morgen schlachten wir deine Soldaten!“

Die Kamera filmt in Zeitlupe die angsterfüllten, teils ausdruckslosen Gesichter der gefangenen Regime-Soldaten und in die grinsenden Gesichter der Mörder. Dann enthaupten die Dschihadisten ihre Opfer. Stolz posieren die Henker danach mit den leblosen Körpern der Geköpften.

Europäische Sicherheitsbehörden versuchen fieberhaft die an der Hinrichtung beteiligten Dschihadisten zu identifizieren. In Frankreich ist dies nun offenbar gelungen.

„Es ist uns gelungen einen der Dschihadisten als den französischen Staatsbürger Maxime Hauchard zu identifizieren“, sagte der Pariser Staatsanwalt Frederic Molins am Montag. „Es gibt zudem Hinweise, dass ein zweiter Franzose beteiligt war, aber es ist noch zu früh das zu bestätigen.“

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sollen 1,132 Franzosen Anhänger des „Islamischen Staates“ sein. 376 Personen sollen sich in Syrien und dem Irak aufhalten, darunter 88 Frauen und zehn Kinder. 

pic181114_2Der Franzose Maxime Hauchard (Bildmitte)

Maxime Hauchard alias „Abu Abdallah al-Faransi“, der Konvertit aus der Normandie, war im Sommer 2013 über die Türkei nach Syrien gereist. In der türkischen Stadt Gaziantep hatte er sich offenbar als Entwicklungshelfer ausgegeben und war so über die Grenze gelangt. Hauchard schloss sich dem IS an und posierte in sozialen Netzwerken mit der Flagge der Terrorgruppe.

Dem Fernsehsender BFM-TV gab der Extremist vor wenigen Monaten über Skype ein Video-Interview. Darin erklärte Hauchard der Bürgerkrieg in Syrien sei „kein Urlaub, aber so ähnlich wie ein Urlaub“.

Nach der Eroberung der nordirakischen Metropole Mossul durch den IS im Juni sei er dorthin versetzt worden, erzählte der Islamist. Er sei für besondere Einsätze ausgewählt worden. „Mein persönliches Ziel ist das Märtyrertum“, so Hauchard.

Ob noch weitere europäische Dschihadisten in dem Enthauptungsvideo des IS zu sehen ist, ist bislang unklar. Zunächst hatten britische Medien spekuliert, der ehemalige Medizinstudent Nasser Muthana könnte einer der Mörder sein. Dies dementierte der Vater inzwischen.

Der Koran vor Gericht

by Florian Flade

Im September 2010 wollte US-Pastor Terry Jones öffentlich den Koran verbrennen, sagte die Aktion jedoch im letzten Moment ab. Nun plant der christliche Fundamentalist einen zweiten Anlauf das heilige Buch der Muslime zu zerstören – mit einer Hinrichtung per Internet-Abstimmung. Im Gespräch berichtet Pastor Jones über seine Beweggründe.

Vor wenigen Monaten wirkte es noch so als hätte Pastor Dr.Terry Jones die Sinnlosigkeit und den wohl eher negativen Nutzen seiner geplanten „Burn-The-Koran“-Aktion erkannt. Der im US-Bundesstaat Florida ansässige Führer der christlichen Fundamentalisten-Gemeinde „Dove World Outreach Center“ hatte geplant am Jahrestag der Terroranschläge vom 11.September 2001 den Koran – den er als ein „Teufelswerk“ bezeichnete – öffentlich zu verbrennen. Nach weltweiten Protesten, Medienrummel und dem Einwirken amerikanischer Politiker blies der Prediger die geplante Protestaktion gegen die „Islamisierung“ jedoch ab. Nun kündigt Pastor Jones eine neue provokative Aktion an – er will den Koran vor Gericht stellen.

Am 20.März werde ein internationalen „Richte-den-Koran“-Tag in seiner Gemeinde in Gainesville (Florida) stattfinden, sagte mir Terry Jones. „An diesem Tag wird der Koran vor Gericht gestellt werden“, so Jones, „Ihm werden Mord, Vergewaltigung, Fehlleitung und Aufrufe zu Terroraktionen vor“. Im Zuge der geplanten Veranstaltung soll der Koran angeklagt werden, für den Tod unschuldiger Menschen verantwortlich zu sein. Pastor Jones erklärt, im Falle eines Schuldspruchs folge die Bestrafung des für Muslime heiligen Buches sein durch eine öffentliche Hinrichtung.

„Man kann im Internet darüber abstimmen wie der Koran bestraft werden soll“, erklärte Jones, „Zur Wahl stehen Verbrennen, Ertränken, Zerreißen oder die Erschießung durch ein Exekutionskommando“.
Voran gehen soll der etwaigen Hinrichtung aber ein Gerichtsprozess nach Vorbild amerikanischer Geschworenengerichte. „Es wird einen Ankläger geben, eine Jury, einen Verteidiger, Zeugenaufrufe und einem Richterspruch“, so Jones.

Zuvor, so versprach der christliche Prediger im Gespräch, werde die muslimische Gegenseite eine faire Chance bekommen, den Koran gegen die Anschuldigungen zu verteidigen. Jones ruft die muslimische Gemeinden weltweit auf, am 20.März einen Verteidiger nach Gainesville zu schicken. Aus den USA hätten sich bereits mehrere muslimische Würdenträger und Prediger bereiterklärt, am Prozess teilnehmen zu wollen. Auch eine Delegation islamischer Gelehrter aus Ägypten habe sich schon angekündigt, so Jones.

In zwei jeweils zweistündigen Sitzungen solle entschieden werden „ob der Koran wirklich so harmlos ist, wie die Muslime es behaupten, oder ist er so gefährlich wie wir behaupten“, so Terry Jones. Die Rolle des Hauptanklägers werde er nicht selbst übernehmen, erklärte der Pastor, sondern der Gründer eines arabisch-christlichen Fernsehsenders aus Kalifornien. Sowohl Ankläger als auch Verteidiger würden höchstwahrscheinlich Arabisch während des Prozesses sprechen, um im koranischen Original argumentieren zu können. Die Verhandlung werde simultan ins Englische übersetzt und vielleicht sogar weltweit per Video im Internet übertragen.

„Ich glaube dass Muslime die wirklich an den Koran glauben, und denken dass er falsch interpretiert wird, diese Gelegenheit begrüßen“, sagte Jones. Er selbst werde keinen Einfluss auf den Richterspruch habe. „Ich werde nicht Teil der Jury sein“, so Jones, „Das würde ich gerne, aber ich denke das ist nicht möglich, denn nach allem was vorgefallen ist, gelte ich sicher nicht als unvoreingenommen und unparteiisch.“

Im vergangenen Jahr hatte Pastor Jones zum „Verbrenn den Koran“-Tag aufgerufen und erklärt, der Koran sei „des Teufels“. Den Islam bezeichnete Jones als „kriegerische, teuflische Religion“. Mit dem Verbrennen des heiligen Buches der Muslime wolle er ein Zeichen setzen gegen die Islamisierung des Westens, speziell der USA, so hatte Jones verkündet. Es sei auch ein Protest gegen den geplanten Bau einer Moschee nahe des Ground-Zero in New York City.

Schon Tage vor der geplanten Aktion setzte weltweite Empörung über die öffentliche Buch-Verbrennung ein. Während in muslimischen Staaten Aufrufe zur Ermordung des amerikanischen Pastors laut wurden, baten ihn US-Politiker einschließlich des Präsidenten, seine Aktion zu überdenken und auf die Koran-Verbrennung zu verzichten. Hochrangige Militärs warnten eine solche Aktion löse unnötig neue Gewalt gegen amerikanische Truppen im Irak und Afghanistan aus. „Sollte tatsächlich eine Koran-Verbrennung stattfinden, würde das die Sicherheit unserer Soldaten und Zivilisten gefährden und unsere Mission vor größere Schwierigkeiten stellen“, ließ General Petraeus erklären.

Terry Jones argumentierte zunächst, das Verbrennen des Buches sei sein verfassungsmäßiges Recht als Amerikaner, lenkte dann aber schließlich ein. „Der Verteidigungsminister Robert Gates hat mich angerufen. Die Außenministerin und General Petraeus haben sich dagegen ausgesprochen. Viele Regierungsbehörden haben uns gebeten das Event abzusagen“, sagt Jones heute, „Wenn man die Anfragen von Leuten dieses Kalibers bekommt, ist das etwas was wir nicht ignorieren können. Es wäre ignorant solche Autoritätspersonen zu ignorieren.“

Zudem habe Gott ihm ein Beispiel gezeigt, das ihn schließlich bewog die Verbrennungs-Aktion abzusagen. Seine Gemeinde habe sich erinnert gefühlt an die Geschichte Abrahams, der seinen Sohn auf Befehl Gottes opfern sollte aber von Gott kurz vor der Tat gestoppt wurde. „Wir fühlten dass Gott auch uns im letzten Moment gestoppt hat“, so Pastor Jones, „Wir haben unser Ziel erreicht. Wir haben die Aufmerksamkeit auf die radikalen Elemente des Islam gelenkt. Wir haben gezeigt dass dieses Element sehr groß ist.“

Ihm gehe es letztendlich auch nicht direkt um die Heilige Schrift des Islam selbst, betont Jones. „Das Problem das ich mit dem Islam habe ist nicht die Schrift, sondern die Früchte der Schrift“, erklärt der umstrittene Prediger. Die positiven Aspekte des Koran seien in der gelebten Realität nicht sichtbar, so Jones. „Alles was sie (die Muslime) sagen, ich sehe die Früchte davon nicht“, behauptet der US-Pastor, „Europa, Amerika und westliche Zivilisation basieren auf den der Bibel. In diesen Ländern gibt es Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit. In Ländern die unter islamischem Recht sieht man die Früchte des Koran nicht. Ich sehe dort keine Freiheit, ich sehe Unterdrückung, ich sehe Tod, ich sehe dass Frauenrechte in großem Stil verletzt werden.“

Dass die geplante Bestrafungs-Aktion des Koran zu neuer weltweite Gewalt führen könnte, schreckt Pastor Terry Jones nicht ab. Er sei überzeugt davon, dass die radikalen Elemente des Islam keinen Grund für Gewalt brauchen. Beim Bombenattentat auf koptische Christen im ägyptischen Alexandria zum Jahreswechsel habe es schließlich im Vorfeld auch keine Koran-Verbrennung gegeben, so Jones.

„Die Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King Jr. hat für viele Tote gesorgt, es gab Gewalt überall, viele starben“, erklärt der Pastor, „Aber niemals würden wir sagen dass es Martin Luther King Jr.s Schuld war“. Mittlerweile habe seine Gemeinde über 300 Todesdrohungen erhalten, berichtet Jones, trotzdem werde es diesmal keinen Rückzieher geben. Er lebe vorsichtig, aber kein Leben ihn Angst. Und wenn ihn diesmal Präsident Barak Obama persönlich anrufen sollte? „Dieses Mal wird auf keinen Fall abgesagt werden“, versichert der Pastor, „Damals hat es viele verärgert aber unsere Überzeugungen haben sich nicht geändert.“

Original Article for Welt Online

„Pastor Jones wants to put Koran on trial“