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Deutsche Terrorverdächtige verlassen Großbritannien

von Florian Flade

Zwei deutsche Islam-Konvertiten, die in Großbritannien wegen Terrorverdacht verurteilt wurden, sind wieder zurück in Deutschland. Beobachter warnen: die hiesige Islamisten-Szene könnte die Ex-Häftlinge als Helden feiern.

Solingen hat einen verlorenen Sohn wieder. Der Islam-Konvertit Robert B. befindet sich nach monatelanger Haft in Großbritannien wieder in der Bergischen Provinz. Am vergangenen Freitag wurde der Terorverdächtige nach meinen Informationen per Linienflug von London aus nach Frankfurt am Main abgeschoben. Von dort ging die Reise in die Heimatstadt Solingen.

Bombenbau-Anleitung im Gepäck

Robert B. (24) und sein Glaubensbruder und Freund Christian E. (28) waren im Juli 2011 bei ihrer Einreise nach Großbritannien festgenommen worden. Die Grenzpolizei in der Hafenstadt Dover hatte die beiden per Fähre angereisten deutschen Konvertiten kontrolliert und war dabei auf islamistische Propagandaschriften gestoßen. Die Solinger hatten mehrere radikalislamische Dokumente auf ihren Laptops, darunter auch das englischsprachige Al-Qaida-Magazin „Inspire“, das eine Bombenbau-Anleitung enthält.

Bereits in Deutschland hatten Sicherheitsbehörden Robert B. und Christian E. im Visier. Die zum Islam konvertierten Männer, die in den vergangenen Jahren Sprachschulen in Ägypten besucht hatten, gelten als überzeugte Islamisten und Logistiker in den salafitischen Netzwerken von Nordrhein-Westfalen.

Bei ihrer Einreise in Großbritannien gaben die Konvertiten aus Deutschland an, sie hätten ursprünglich geplant von Belgien per Flugzeug nach Ägypten zu reisen. Die Flugtickets seien ihnen allerdings zu teuer gewesen, und sie hätten sich stattdessen spontan für eine Reise nach Großbritannien entschieden. Britische Sicherheitsbehörden hingegen vermuten, dass Robert B. und Christian E. vor hatten Glaubensbrüder in Großbritannien zu treffen mit denen sie bereits vor ihrer Einreise Kontakt über das Internet hielten.

Großbritannien hat strengere Anti-Terror-Gesetze

Aufgrund der brisanten Dokumente in ihrem Gepäck wurden B. und E. noch am Tag ihrer Einreise unter Terrorverdacht festgenommen. Nach dem britischen Anti-Terror-Gesetz gilt – anders als in Deutschland – bereits der Besitz von Bombenbau-Anleitungen, wie sie die beiden Deutschen bei sich führten, als Straftat.

Nach der Festnahme im Juli 2011 saßen B. und E. zunächst monatelang in Untersuchungshaft in London, unter anderem im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Aus der Haft heraus hielten die Terrorverdächtigen per Briefwechsel weiterhin Kontakt zu Glaubensbrüdern in Deutschland. In den Briefen, die teilweise veröffentlicht wurden, gaben sich Robert B. und Christian E. kämpferisch.

Briefe aus dem Gefängnis in London

“Es tut gut mit so vielen Brüdern zu sein. Die Haft lässt sich aushalten. Man bekommt sein Essen, man kann Fitness machen und islamische Klassen besuchen, Freitagsgebet gibt es auch“, schrieb Robert B. in Briefen aus dem britischen Gefängnis, „Es ist schön so viel Zeit für Koran lesen zu haben, draußen kam irgendwie immer was dazwischen.“

Im Herbst vergangenen Jahres erhob die britische Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Solinger Konvertiten. Im Februar kam es zur Gerichtsverhandlung. Als Zeugen sagte u.a. auch Marlis B, die Mutter von Robert B. aus, die eigens mit ihrem Anwalt nach London gereist war. Marlis B. hatte in den Monaten zuvor in TV-Sendungen wie etwa der Talkshow „Beckmann“ die Wandlung ihres Sohnes hin zum radikalen Islamisten geschildert.

Haftstrafen für Robert B. und Christian E.

Der Zentrale Strafgerichtshof Old Bailey in London verurteilte Robert B. und Christian E. am 6.Februar zu jeweils 12 beziehungsweise 16 Monaten Haft. Zuvor hatten sich die beiden Angeklagten schuldig bekannt. Die Hälfte der Strafen wurde auf Bewährung ausgesetzt und die bereits abgesessene Untersuchungshaft wird angerechnet. Dies bedeutet: Robert B. darf das Gefängnis verlassen. Christian E. muss theoretisch nach seiner Abschiebung den Rest der Haftstrafe in Deutschland absitzen. Offenbar verzichteten die britischen Behörden jedoch in seinem Fall auf ein Gesuch an die deutsche Justiz die verbleibende Haftstrafe in Deutschland zu vollstrecken.

Wie aus Großbritannien erfuhr, soll Christian E. nach wochenlanger Abschiebehaft am heutigen Dienstag nach Deutschland ausgeflogen werden. Ob die Abschiebung aufgrund der aktuell herrschenden Streiks an vielen deutschen Flughäfen stattfinden kann, ist unklar.

Solinger Moschee inzwischen „Hort des Islamismus“

In der Heimatstadt von Robert B. und Christian E. hat sich seit ihrer Abwesenheit und anschließenden Festnahme einiges getan. Der islamistische Prediger Mohammed M. alias „Abu Usama al-Gharib“ aus Österreich hat den kleinen Moschee-Verein übernommen, in dem B. und E. lange Zeit verkehrten. Inzwischen heißt die Gemeinde „Millatu Ibrahim e.V.“ und gilt als Hort des radikalen Islamismus. Die Anhänger des Moschee-Vereins, so warnen Verfassungsschützer, seien mehrheitlich Befürworter des bewaffneten Dschihad.

Das Treiben der Salafiten-Bewegung „Millatu Ibrahim“ hat mittlerweile auch die Lokalpolitik auf den Plan gerufen. Nach Bürgerprotesten und Aufmärschen der rechtspopulistischen Bewegung „Pro NRW“ organisierte die Stadt Solingen im Februar einen Informationsabend zum Thema Salafismus. Besorgte Eltern, die befürchten ihre Kinder könnten von den Islamisten missioniert werden, informierten sich und forderten gleichzeitig Polizei und Stadtverwaltung zum Handeln auf.

Wiedereingliederung von Robert B. in die Gesellschaft gefordert

Aufgrund dieser aufgeladenen Stimmung in Solingen, sehen viele Beobachter in der Rückkehr des Konvertiten Robert B. in seine Heimatgemeinde einen Test-Fall für die örtlichen Behörden. Die Islamismus-Expertin Claudia Dantschke vom „Zentrum für Demokratische Kultur“( ZDK) in Berlin befürchtet, der nun aus britischer Haft entlassene Robert B. könnte erneut in extremistische Kreise abrutschen. „Es besteht durchaus die Gefahr, dass der Konvertit von den Solinger Islamisten von Millatu-Ibrahim jetzt als Symbolfigur missbraucht wird“, so Dantschke.

„Die Stadt sollte jetzt alle Anstrengungen darauf konzentrieren, die Mutter von Robert B. dabei zu unterstützen, ihm eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen“, fordert die Expertin. Als gläubiger Muslim brauche der Konvertit aber auch eine religiöse Heimat: „Hier sind die Mocheegemeinden in Solingen gefordert.“

Bislang ist nicht bekannt, ob Robert B. nach seiner Rückkehr nach Solingen Kontakt zu seiner Mutter aufgenommen hat. Deren Anwalt war heute nicht erreichbar. Aufgrund der Äußerungen von Robert B. in den vergangenen Monaten ist allerdings wohl eher davon auszugehen dass der Solinger sich wieder in die Moschee-Gemeinde eingliedern wird, die er im Juli 2011 verlassen hatte. Man darf gespannt sein auf den ersten Youtube-Auftritt des Ex-Häftlings Robert B.  – vielleicht ja sogar an der Seite von Mohammed M. (Abu Usama al-Gharib) und Denis C. (Deso Dogg).

Die Reise des Robert B.

von Florian Flade

In Großbritannien wurden zwei deutsche Terrorverdächtige zu Haftstrafen verurteilt. Die mutmaßlichen Islamisten Robert B. und Christian E. aus dem bergischen Solingen hatten bei ihrer Einreise nach Großbritannien im Juli 2011 Bombenbau-Anleitungen und Dschihad-Propaganda im Gepäck. Zu Hause in Solingen rätseln Angehörige wie aus Robert und Christian radikale Islamisten werden konnten.

Für Marlis B. (57) aus Solingen waren die letzten Monate eine anstrengende Zeit voller Hoffen und Bangen. Heute fiel in London das Urteil gegen ihren Sohn, den Terrorverdächtigen Robert B.. Es ist die vorläufig letzte Etappe eines langen Weges von der bergischen Provinz in einen britischen Gerichtssaal. Bis heute ist es Marlis B. unerklärlich, wie aus dem braven Robert, der nie in Schlägereien oder Kriminalität verwickelt war, der radikale Islamist „Abdul Hakim“ werden konnte. Die Geschichte einer Radikalisierung mitten in Deutschland.

Roberts Leben vor dem Islam sei nicht einfach gewesen, sagt seine Mutter. Der Vater verstarb nur drei Tage vor dem 13.Geburtstag seines Sohnes an Lungenkrebs. In der Schule sei Robert viel gehänselt worden, galt eher als Außenseiter. Er brach die Schule nach der neunten Klasse ab und ging als 17jähriger – mit Einwilligung der Mutter – zur Bundeswehr. Sein Traum war es, sich verpflichten zu lassen, Panzer zu fahren, auch in den Afghanistan-Einsatz zu gehen. Doch innerhalb der Truppe wies man Robert einen tristen Bürojob zu. Vielleicht aus Langeweile, vielleicht durch den Einfluss von Kameraden driftete er in die rechte Gesinnung ab. Die Bundeswehr musste er deshalb verlassen. Robert holte seinen Realschulabschluss nach und schloss anschließend eine Lehre als Fachlagerist ab. In der Solinger Firma übernommen wurde Robert aber nicht. Er rutschte in eine Sinnkrise.

Irgendwo auf den Straßen und in den Hinterhöfen Solingens kam Robert mit den Predigern des fundamentalischen Islams in Kontakt. Robert, den seine Eltern absichtlich nicht taufen ließen, damit er seinen Glauben frei wählen kann, war fasziniert von der strenggläubigen Lehre der Salafiten. Er schwärmte von Predigern, von der Brüderlichkeit unter Muslimen und vom Paradies. Im Januar 2009 konvertierte Robert. Er nannte sich fortan „Abdul Hakim“ und orientierte sich immer stärker an die Pflichten und Vorschriften seiner neuen Religion. Er wollte von nun an ein Leben nach dem Vorbild des Propheten Mohammed führen. Regelmäßig besuchte Robert nun die Vorträge fundamentalistischer Prediger in den Moscheen in Solingen, Bonn, Köln und auch Hamburg. Ein Video, aufgenommen in einer Solinger Moschee, zeigt Robert im Publikum, mit Gebetsmütze und breitem Grinsen im Gesicht. Im Hintergrund zu erkennen: der salafitische Prediger Abu Abdullah aus Bonn.

Innerhalb weniger Monate wurde aus dem Atheisten Robert B. ein fundamentalistischer Salafit, der auch begann, in der eigenen Familie zu missionieren. Öfter brachte er Flyer radikalislamischer Prediger mit nach Hause, riet der Mutter, Kopftuch, gar die Burka zu tragen, damit auch sie ins Paradies komme. „Du bist radikal“, sagte seine Mutter als sie die Wandlung ihres Sohnes bemerkte. „Mutti, ich würde niemals einen Menschen umbringen“, versprach Robert.

Der Freundeskreises von Robert B. bestand zunehmend aus radikalen Islamisten, darunter der bereits 2003 konvertierte Christian David E. (28) genannt „Abdul Malik“. Der mehrfach vorbestrafte Solinger übte, so glauben es Sicherheitsbehörden, einen starken Einfluss auf Robert aus. Der blonde, bullige Konvertit, ein Auszubildender in einer Pflegeklinik und begeisterter HipHop und Eishockey-Fan, nahm den jungen Neu-Muslim angeblich unter seine Fittiche. Christian E. führte Robert wohl in das salafitische Netzwerk zwischen Solingen, Köln und Bonn ein. „Er hat eine Ersatzfamilie gesucht“, erklärt sich Roberts Mutter den Einfluss der radikalen Islamisten auf ihren Sohnes, „Robert war etwas labil und wusste noch nicht genau was er wollte.“

Im Oktober 2010 plante eine Gruppe deutscher Muslime aus Nordrhein-Westfalen eine Sprachreise nach Ägypten – unter ihnen auch Robert und sein Freund Christian. In Alexandria wollten die Gläubigen aus Deutschland Arabisch lernen, planten sich in einer berüchtigten Sprach-Schule einzuschreiben. „Ein richtiger Muslim muss Arabisch können“, sagte Robert seiner Mutter, er wolle die Sprache lernen, um seinen Glauben richtig leben zu können. Marlis B. überkam ein ungutes Gefühl, die Alarmglocken gingen ab. „Robert redete nur noch vom wahren Paradies, davon dass Ungläubige in die Hölle kommen“, erinnert sich die 57jährige. Sie rief noch vor Roberts Abreise den Staatsschutz an und fragte nach Rat. Sie solle doch versuchen ihrem Sohn den Reisepass wegzunehmen, riet man Marlis B.. Die entgegnete, das sei doch gar nicht möglich, denn ihr Sohn sei schließlich volljährig,

Nur wenige Tage später bekam ihr Sohn tatsächlich Besuch von Beamten der Sicherheitsbehörden. Sie befragten Robert, beruhigten anschließend seine Mutter: Man habe zukünftig ein Auge auf ihn. Dennoch reiste Robert drei Wochen später, am 25.Oktober 2010, nach Ägypten. Drei Monate war der deutsche Konvertit in Alexandria, die Mutter schickte ihm regelmäßig das Kindergeld. Ende Januar 2011 erreichte der Arabische Frühling auch Ägypten. Deutsche Staatsbürger wurden aufgrund der politischen Unruhen mit Sondermaschinen ausgeflogen. In einer dieser Maschinen saß am 1.Februar 2011 auch Robert B. aus Solingen.

Zurück in Deutschland, wohnte Robert zunächst zwei Tage bei seiner Mutter. „Er war wie verwandelt“, erinnert sich Marlis B., „Er war nicht mehr zugänglich. Ich musste dem Jungen jedes Wort aus der Nase ziehen.“ Er behauptete eine eigene Wohnung gefunden zu haben, beantragte Hartz IV. In Wahrheit wurde eine als radikal berüchtige Hinterhof-Moschee Roberts neues Zuhause. Der 24jährige schlief fortan im „Deutsch-Islamisten Zentrum“ an der Konrad-Adenauer-Strasse. Sein Freund und Glaubensbruder Christian E., so verriet es der Name am Briefkasten der Moschee, war ebenfalls dort wohnhaft.

In anderen Moscheen der Stadt waren die Konvertiten Robert und Christian in den vergangenen Jahren stets abgewiesen worden. Sie tauchten dort regelmäßig mit ihren Laptops auf, sprachen nach den Predigten mit den anderen Muslimen über Politik. „Eines Tages kam die Polizei und sagte, wir sollten die beiden Männer nicht mehr in unsere Gemeinde lassen“, erinnert sich ein Moschee-Vorstand aus Solingen, „Ich habe sie daraufhin gebeten, zu gehen.“ In der verschlossenen Salafiten-Gemeinde der Hinterhof-Moschee wurden Robert B. und Christian E. mit offenen Armen empfangen.

Innerhalb der Solinger Islamisten-Szene etablierte sich das Konvertiten-Duo rasch als feste Größe. Robert B. und Christian E. gerieten zunehmend in den Fokus der Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen. Sie galten als „Einflusspersonen und Logistiker“ innerhalb der Salafiten-Szene, heißt es in Ermittlerkreisen. Nach Informationen von „Welt Online“ sollen sie auch Ansprechpartner für Reiseplanungen in terroristische Ausbildungslager im Ausland gewesen sein.

Roberts Mutter Marlis bekam von all dem immer weniger mit. Die Besuche des Sohnes wurden immer kürzer, Robert sprach kaum noch über sein Leben. Im Juni 2011 schöpfte die Mutter plötzlich wieder Hoffnung, ihr Sohn könnte vielleicht doch wieder in ein regeltes Leben ohne Fanatismus zurückfinden. „Ich dachte es geht wieder aufwärts“, so Marlis B., „Er hat gesagt er würde sich eine eigene Wohnung nehmen und sich eine Arbeit suchen“. Doch das Gegenteil war der Fall. Nur einen Monat später war Robert verschwunden. Weil sie auf einem Kontoauszug ihres Sohnes die Buchung für ein Reiseticket entdeckte, wandte sich Marlis B. Mitte Juli erneut an die deutschen Sicherheitsbehörden.

Dort wusste man bereits wohin Robert gereist war. „Man sagte mir, es gehe ihm gut“, so Marlis B., „Ich war erleichtert. Ich hatte ihn schon mit einer Bombe rumlaufen sehen, Leute umbringen.“ Was die Mutter noch nicht ahnte: Robert und sein Freund Christian E. waren als Terrorverdächtige am 15.Juli 2011 bei der Einreise nach Großbritannien festgenommen worden. Bei der späteren Vernehmung erklärten die beiden Deutschen, sie hätten ursprünglich geplant mit dem Flugzeug von Brüssel aus nach Ägypten zu fliegen. Das Flugticket sei ihnen dann zu teuer gewesen, stattdessen reisten sie angeblich spontan per Fähre nach Großbritannien.

In der Hafenstadt Dover warteten bereits Beamte der britischen Anti-Terror Einheiten. Sie stießen bei der Durchsuchung des Gepäcks der deutschen Salafiten auf brisantes Material. Auf einem Laptop und einer externen Festplatte befand sich islamistisches Propaganda-Material. Unter den sichergestellten PDF-Dateien war auch ein englischsprachiges Online-Magazin der jemenitischen Al-Qaida mit dem Titel „Inspire“. Darin findet sich der Artikel „Make A Bomb In The Kitchen Of Your Mom“, eine Schritt-für-Schritt Anleitung zum Bombenbau. Und die britischen Beamten fanden noch mehr. Auch ein Essay des inzwischen getöteten Al-Qaida Predigers Anwar al-Awlaki mit dem Titel „39 Way to Support the Jihad“ hatten Robert B. und Christian E. in ihrem Gepäck.

Der Fund veranlasste die britische Staatsanwaltschaft gemäß den Anti-Terror-Gesetzen aus dem Jahr 2000 Ermittlungen gegen Robert B. und Christian E. einzuleiten. Den mutmaßlichen Islamisten aus Deutschland wird vorgeworfen gegen Artikel 58 des „Terrorism Act“ verstoßen zu haben. Sie sollen Material besessen und nach Großbritannien eingeführt haben, das für die Planung eines terroristischen Anschlages verwendet werden kann. Die Verteidigung behauptet allerdings, das brisante Propaganda-Material sei im Internet frei zugänglich und dessen Download und Besitz in Deutschland nicht strafbar. Anschlagsabsichten seien den Solinger Konvertiten nicht nachweisbar.

Da die Angeklagten bestritten in Anschlagsplanungen oder Dschihad-Aktivitäten verwickelt zu sein, ist weiterhin unklar, was das eigentliche Ziel ihre Reise war. Wollten Robert B. und Christian E. in Großbritannien Glaubensbrüder treffen? Sollten sie im Auftrag nordrhein-westfälischer Prediger Kontakte auf der Insel knüpfen? War London nur eine Zwischenstation und wollten die Konvertiten eigentlich weiterreisen? Robert und Christian machten zu diesen Fragen bislang keinerlei Angaben.

Nach ihrer Festnahme wurden die deutschen Terrorverdächtigen in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh östlich von London verlegt. Marlis B.in Solingen bemühte sich seither vergeblich über einen Anwalt um Kontakt zu ihrem Sohn. Sie schrieb Briefe in das Gefängnis, wusste anfänglich nicht, dass alle Post nach den Vorschriften des Gefängnisses auch in englischer Sprache verfasst werden muss. Statt sich direkt bei seiner Mutter zu melden, kontaktierte Robert zunächst seine Glaubensbrüder in Deutschland. Das belegt ein Brief des deutschen Konvertiten vom Oktober 2011, der „Welt Online“ vorliegt.

„Die Haft ist nicht schlimm und die behandeln uns verhältnismäßig gut hier“, schrieb Robert B. an islamistische Freunde in Deutschland, „Es tut gut mit so vielen Brüdern zu sein. Die Haft lässt sich aushalten. Man bekommt sein Essen, man kann Fitness machen und islamische Klassen besuchen, Freitagsgebet gibt es auch.“ Nicht-muslimische Häftlinge würden die Haftbedingungen allerdings nicht ertragen. Häufig würden Mithälftlinge ausrasten oder Suizid begehen, berichtet Robert B.: „Die kommen nicht klar, die sind ja auch nicht auf dem Weg Allahs hier, die sind einfach Kuffar (Ungläubige), möge Allah sie rechtleiten.“

Mitte Januar erhielt Mutter Marlis B. die ersten Briefe von Robert. Sie haderte seither mit dem Wunsch nach Großbritannien zu reisen. Am vergangenen Samstag flog Marlis B. nun mit ihrem Anwalt Burkhard Benecken nach London. Sie soll als „präsente Zeugin“ im Prozess gegen ihren Sohn aussagen, von der Entwicklung ihres Sohnes, den Familienverhältnissen und seiner Kindheit berichten.

Robert und der Mitangeklagte Christian E. bekannten sich indes bereits vor einer Woche schuldig im Sinne der Anklage. Die deutschen Terrorverdächtigen hatten offenbar im Fall einer Verurteilung auf eine Strafmilderung gehofft. Gestern fiel vor dem Strafgericht „Old Bailey“ in London das Urteil. Robert B. wurde zu 12 Monaten Haft, Christian E. zu 16 Monaten verurteilt. Die Hälfte der Strafe müssen beide Konvertiten absitzen, der Rest wurde zur Bewährung ausgesetzt. Damit ist Robert B. praktisch auf freiem Fuß. Christian E., dessen Vater britischen Ermittlern gesagt hatte, er habe sich lediglich für den extremistischen Islam interessiert, sei aber kein Extremist,  muss hingegen noch vier Monate in Großbritannien in Haft bleiben und darf dann die Bewährungszeit in Deutschland verbringen.

Christian E. und Robert B. drohte ursprünglich eine Maximalstrafe von bis zu zehn Jahre Haft. Davon ließ sich der gottesfürchtige Konvertit Robert kaum einschüchtern. „Meine Anklage ist ein Witz“, heißt es in einem Brief von Robert aus dem Gefängnis, „Es ist schön so viel Zeit für Koran lesen zu haben, draußen kam irgendwie immer was dazwischen.“

German Terror Suspects in UK – Robert & Christian´s Mysterious Journey

by Florian Flade

The pair seemed rather nervous when British border police asked the two German nationals what their reason for entering the UK was. They originally had planned to travel to Brussels, Robert B. (23) and Christian E. (28) told the police officers in Dover, the coastal town where they had arrived via ferry on July 15th. Plane tickets were too expensive, the two Germans said, so they decided to travel to London instead.

The police officers became suspicious and checked the luggage of both men. What they found was not really the usual tourist equipment: Jihadi propaganda material as documents and a laptop computer bearing an Al-Qaida flag as a sticker. Robert B. and Christian E. were arrested as terror suspects.

A few weeks later British prosecution accuses the two German converts of possessing material which can be used to build bombs and explosives and to plan terrorist attacks in the UK. Amongst the material found when B. and E. had entered the UK was a document titled „How to build a bomb in your Mom´s kitchen“ – a article from the English-language Online magazine „Inspire“ produced by Al-Qaida in Yemen. „44 Ways of supporting Jihad“, a essay by US-Yemeni cleric Anwar al-Awlaki was also part of the material in E. and B.´s possession.

In Solingen, a mid-size town in Western Germany, the Muslim community was shocked by the news of the two men´s arrest in Britain: Robert B. and Christian E. are both from Solingen.

Back in 2010 Robert B.´s mother had contacted the German Verfassungsschutz (Interior intelligence agency), told them about her son´s behavior. Robert, a shy and very friendly young boy, wanted to join the military when he was 17 and later successfully finished an apprenticeship. Soon after came in contact with Salafi Islam. Robert´s father had died a few years ago, his mother tells, only three days before his 13th birthday. Within Solingen´s Salafi community the White convert found new friends and an environment he was happy in. That was in January 2009.

„He only talked about paradise, about infidels going to hell and that I should wear a burqa“, Robert´s mother says. Her son began wearing long robes, reading the Quran and was regularly visiting mosques and lectures by fellow convert and Salafi preacher Pierre Vogel. Week after week Robert B. who called himself „Abdel Rahman“ was not sleeping at home in his bed but instead spent nights in the mosque.

There he had met another White convert, Christian E. aka „Abdul Malik“ , who had converted to Islam back in 2003. E., a blonde and blue-eyed 28 year-old man, who loves ice hockey and Rap music, was a well-known figure in the radical Salafi community, somebody keeping a low-profile but was known to German counter-terrorism. As the two befriended, both converts were monitored because of their behavior. My sources say B. and E. were known supporters of Jihad, and also important figures within Germany´s Islamist community regarding travels to the Pakistani terror camps.

B. and E. traveled to the Middle East themselves last year. In Egypt the converts planned to learn Arabic. Due to the political unrest and serious money issues both of them returned to Germany earlier this year.

In one of the mosques in Solingen Robert B. and Christian E. visited the Friday prayers on a regular basis. Very often both of them stayed after the lecture, sitting in the mosque with their laptops, talking to other Muslims and the Imams. The mosque leaders remember the converts as nice and pretty calm people, not talking about politics or Jihad openly.

„One day, police showed up“, a mosque official told me, „they told me Abdul Malik and Abdel Rahman were in contact with dangerous people. I should not let them infiltrate the community. So I decided to ask them to leave the mosque and they did without protesting.“

Christian E. was living at various places in Solingen before moving to a different mosque („Masjid Ar-Rahman“) where his name even appeared on the mailbox. It seems like the Salafi mosque „Deutsch-Islamistes Zentrum“ in the North of Solingen became his home before he travelled to Britain in July.

Still unknown is the reason for the convert´s journey to England. It is very likely one or both of them have been in touch with Islamists in the UK, possibly via Facebook. In recent months the connection between UK and German Islamists has grown stronger, mainly through the cooperation of Salafi Media. Question remains why Robert B. and Christian E. did not even try to hide the propaganda material they were importing to the UK.

The father of Christian E. says his son is not a terrorist. All material found in Christian´s luggage „is freely available on the Internet by everyone“, he says. According to British Anti-Terror Laws the possession of material that can be used to plan and carry out a terrorist attack is a crime that can lead to several years in prison.

Up to August 24th both Germans are held in custody at Belmarsh Prison in London. The next hearing is scheduled in the coming days. During the first hearing back in July, Christian E. and Robert B. did refuse to rise for the judge and instead told the court they would only submit themselves to Allah.

A lawyer from Solingen is now trying to get access to Robert B.. He says he will try to visit the arrested terror suspect, who is held in single detention and is under constant survaillance, together with B.´s mother next week. The lawyer fears a long prison term if Robert B. is sentenced in the UK. Therefore he is planning to get him sent back to Germany so he can be put on trial there.